Die Geisel, die für IS-TV "berichten" muss

Der IS behauptet, auch die US-Luftangriffe hätten nichts ausgerichtet
Der IS behauptet, auch die US-Luftangriffe hätten nichts ausgerichtetAPA/EPA/SEDAT SUNA
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Der IS stellt mittlerweile Videos im CNN-Stil her. Mithelfen muss ein entführter britischer Fotograf. Er ist seit zwei Jahren Gefangener der Jihadisten.

Wenn du uns folgst, bringen wir dich um“, drohten die Kidnapper, ließen Mustafa Ali am Straßenrand stehen und fuhren mit ihrer menschlichen Beute im Kleintransporter davon. Es war das letzte Mal, dass Ali James Foley lebend gesehen hat. Der US-Journalist war die erste von bisher vier westlichen Geiseln, die von den Terroristen des Islamischen Staates (IS) vor laufender Kamera enthauptet wurden. Das war Mitte August, nach einem fast zweijährigen Martyrium.

Am 22. November 2012 war Foley in Nordsyrien, keine 40 km von der türkischen Grenze entfernt, verschleppt worden. Allerdings nicht allein. Sein Reisegefährte war der britische Fotograf John Cantlie. In der Nacht auf Dienstag veröffentlichte die Terrormiliz das mittlerweile sechste Video, in dem der Brite zu sehen ist.

"Kann keine westlichen Reporter sehen"

Das ist neu. Foley, der US-Journalist Steven Sotloff wie die Entwicklungshelfer David Haines und Alan Henning wurden gefilmt, um ihre Ermordung zu zeigen oder diese anzukündigen. Mit Cantlie haben die Terroristen vorerst anderes vor: Ihn missbrauchen sie als Sprachrohr für ihre Propaganda. Im aktuellen Video muss der Brite – nicht mehr in orangefarbener Häftlingskluft, sondern in dezentes Schwarz gekleidet – ganz im Stil und Gestus eines CNN-Reporters aus der umkämpften syrischen Stadt Kobane „berichten“ und dabei die Meldungen westlicher Medien als Kriegspropaganda abtun.

„Hi, ich bin John Cantlie, und ich befinde mich gerade in der syrischen Stadt Kobane“, begrüßt er sein Publikum, dem er vor allem erklären will, dass der IS in Kobane keineswegs auf dem Rückzug sei, wie das die westlichen Medien („Ich kann übrigens keinen ihrer Reporter hier sehen“) berichten würden. „Sie können noch sporadische Schusswechsel hören, aber im Großen und Ganzen ist der Kampf vorbei“. Und gewonnen hat ihn laut Cantlie natürlich die Armee des IS.

Geiseln regelmäßig gefoltert

Als Cantlie 2012 gekidnappt wurde, gab es den Islamischen Staat noch gar nicht. Zuerst befanden sich er und Foley in den Händen der Nusra-Front, der vor dem Aufstieg des IS extremsten Gruppe. Sie wurden mehrmals weitergereicht, bis sie schließlich in den Händen des IS landeten, und mit anderen westlichen Geiseln in ein Gefängnis unter dem Kinderspital der syrischen Stadt Aleppo verbracht wurden. Dies geht aus einem Bericht der „New York Times“ hervor, der den Leidensweg Foleys und der anderen Geiseln nachzeichnet, teils gestützt auf Augenzeugenberichte von ehemaligen Mitgefangenen.

Demnach wurden bis zu 23 Geiseln regelmäßig misshandelt. Am brutalsten gingen die Jihadisten mit Briten und Amerikaner um. Foley wurde nicht nur wiederholt geschlagen, sondern auch an den Füßen aufgehängt und mehrfach dem Waterboarding unterzogen (eine Foltermethode, die auch von der CIA angewendet wurde). Dass er wie viele Gefangene zum Islam konvertiert war, nützte ihm nichts.

Langsam leerte sich die Zelle

Von März 2014 an leerte sich die Gemeinschaftszelle – die Gefangenen waren mittlerweile nach Raqqa gebracht worden – allmählich. Zuerst durften die drei Spanier gehen, dann die Italiener und Franzosen und all die anderen, bis sie nur mehr zu siebt waren: vier US-Bürger, drei Briten. Washington und London verhandeln nicht über Lösegeld. Eine russische Geisel, die dem IS weder für Lösegeld noch für Propagandazwecke dienlich war, wurde einfach so erschossen, zur Abschreckung für die anderen.

James Foley hat sich laut den Aussagen ehemaliger Mitgefangener lange seine Optimismus bewahrt, versuchte oft, die Gruppe mit Spielen bei Laune zu halten. In einem Brief an seine Familie hat er allerdings geahnt, dass sein US-Pass sein Todesurteil ist. Er wies seine Familie an, wie mit dem Geld auf seinem Konto zu verfahren sei.

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