Comsult-Kongress´: „Damals hat man einander zugehört“

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Elder Statesmen sprachen in Wien über die Ukraine-Krise – und waren einander zumindest in einer Sache einig: Dialog der Konfliktparteien ist notwendig.

Wien. Kann Regionalisierung zur Konfliktlösung in der Ukraine beitragen? Unter anderem diese Frage wurde gestern beim Ukraine-Panel im Rahmen des Comsult-Kongresses im Wiener Haus der Industrie diskutiert. Die Konferenz stand unter dem Motto „Macht der Regionen“. War es womöglich das Motto, das Diskussionsleiter Wolfgang Schüssel veranlasste, den früheren ukrainischen Präsidenten Viktor Juschtschenko irrtümlich mit dem Namen Janukowitsch anzusprechen? Janukowitsch war schließlich einst Chef der „Partei der Regionen“ gewesen – eine Partei, deren Machtbasis im Donbass lag, die jedoch in der offiziellen Rhetorik für sich in Anspruch nahm, alle Ukrainer, egal mit welchem sprachlichen Hintergrund, zu vertreten.

Die Ursache des Konflikts in der Ukraine sei kein sprachpolitischer, legte Juschtschenko dar. Er sprach von einem von außen induzierten Konflikt, der nicht entlang linguistischer Trennlinien verliefe, sondern ein Versuch sei, den neoimperialen Traum der „russischen Welt“ von Wladimir Putin zu verwirklichen. Juschtschenko, ein erbitterter Gegner der von Moskau in der Ukraine geforderten Föderalisierung, machte sich für eine Neuauflage des Genfer Formats stark, an dem die EU, Russland, die Ukraine und die USA als Verhandler teilnehmen. Das Minsker Format – „wo Ukrainer gemeinsam mit Verbrechern (den Separatisten, Anm.) an einem Tisch sitzen müssen“ – seien nicht zielführend.

Ausgestaltung der Beziehungen

Ein gewisses Verständnis für die russische Position drückte der Friedensnobelpreisträger und ehemalige Chef der Atomenergiebehörde Mohamed El Baradei aus. In Russland grassiere seit der Nato-Erweiterung in Osteuropa und den Revolutionen im Nahen Osten ein Gefühl der Bedrohung. Der Konflikt in der Ukraine sei Teil eines größeren Themenkomplexes: des Verhältnisses zwischen USA und Russland. El Baradei erinnerte an den Wiener Kongress vor 200 Jahren – und die Notwendigkeit des Dialogs. „Damals haben die Gesprächspartner einander besser zugehört“, schloss er.

Frederik Willem de Klerk, Ex- Präsident der Republik Südafrika, gab Ratschläge für die Konfliktlösung: „Der Westen wäre gut beraten, Russland nicht weiter zu erniedrigen.“ Um einen Friedensprozess in Gang zu setzen, müsse man alle Parteien einbeziehen und zu einer Lösung mit Verfassungsgarantien gelangen. Die Meinungen über Konfliktursachen und Lösungsansätze gingen auseinander: Dieser Wiener Kongress wird nicht der letzte gewesen sein, wo über die Ukraine gesprochen wurde. (som)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2015)

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