Österreich wichtige Station auf dem Weg aus der Isolation

Heinz Fischer besuchte Damaskus zu einem Zeitpunkt, als Syriens Präsident Bashar al-Assad im Westen noch ein Buhmann war. von Thomas Seifert

Eigentlich hätte Syriens Präsident Bashar al-Assad bereits 2005 nach Österreich reisen sollen. Doch der Besuch wurde verschoben – Syrien war nach dem Bombenanschlag auf den libanesischen Premier Rafiq Hariri am 14. Februar 2005 international unter Druck gekommen, ein Besuch in Österreich erschien inopportun. Assad war 2003 von Bundespräsident Heinz Fischers Amtsvorgänger Thomas Klestil eingeladen worden, der seinerseits 2001 in Damaskus gewesen war.

Im Dezember 2007 besuchte Fischer Damaskus; damals war Assad im Westen noch ein Buhmann. Morgen, Montag, wird Bashar al-Assad in Begleitung seiner Frau Asmaa al-Assad in Wien erwartet, zudem reisen der syrische Außenminister Walid Muallem sowie die enge politische Beraterin Assads, Bouthaina Shaaban, an.

Die Beziehungen zwischen Österreich und Syrien haben eine lange Geschichte, die fast 35-jährige Präsenz eines österreichischen Blauhelmkontingents am Golan bringt eine tiefe Kenntnis der dortigen strategischen Gegebenheiten mit sich. Syrien sieht in Wien einen Partner, der syrische Interessen in der Europäischen Union vorbringen könnte.

Die frühere Außenministerin Ursula Plassnik bemühte sich um eine Verbesserung der Beziehungen Österreichs zu Israel (diese hatten zu Beginn der schwarz-blauen Regierung 2000 schwer gelitten) und brachte Österreich in eine Vermittlerposition.

Doch bei diesem Besuch nehmen die Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern einen wichtigen Stellenwert ein. Die Österreichisch-Arabische Handelskammer hat eine rund 70-köpfige Wirtschaftsdelegation eingeladen, CEOs und Generaldirektoren der größten Firmen des Landes (darunter die 350-Millionen-Dollar-Sham-Holding) werden mit österreichischen Wirtschaftsvertretern zusammentreffen. Bis vor Kurzem wurden vor allem in den USA und Israel Kontakte befreundeter Staaten zu den Machthabern in Damaskus gar nicht gern gesehen. Im Sommer des Vorjahres brach das Eis: Assad war beim Mittelmeer-Gipfel in Paris Ehrengast von Präsident Nicolas Sarkozy.

Frankreich sieht – wie Österreich – in Syrien einen möglichen Schlüssel zum Frieden in Nahost: Als Assad nach dem Tod seines Vaters im Jahr 2000 mit 34 Jahren die Macht übernahm, schien eine neue Zeit im Einparteienstaat anzubrechen. Der junge Präsident entließ politische Häftlinge, führte das Internet ein und ließ Debattierklubs zu. Doch der „Damaszener Frühling“ währte nicht lange. Die alte Garde fürchtete um ihre Besitzstände und drängte den Präsidenten zurück auf einen härteren Kurs. Zuletzt schienen aber die Reformer in Damaskus wieder an Einfluss zu gewinnen.

Dennoch gibt es Kritik an der Menschenrechtssituation: Die österreichische „Gesellschaft für bedrohte Völker“ weist darauf hin, dass die Menschen in Syrien seit 1963 im Ausnahmezustand leben. Sie seien der Willkür der Sicherheitskräfte und Justiz schutzlos ausgeliefert, sagt der Obmann dieser Organisation, Mustafa Akgün.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2009)

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