Gipfel in Wien: Kerry will mit Syrern verhandeln

Syrien Konferenz in Wien
Syrien Konferenz in Wien(c) APA/BUNDESHEER/DRAGAN TATIC
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Die Außenministerkonferenz im Imperial soll nur der Startschuss für einen Syrien-Friedensprozess ein. Bereits nächste Woche Folgetreffen in Wien. Führungsrolle für UN-Beauftragten.

Wien. Die USA haben lang zugesehen. Doch jetzt drückt John Kerry aufs Tempo. Im fünften Jahr des syrischen Bürgerkriegs, nach mehr als 250.000 Toten sieht der US-Außenminister nun offenbar eine Möglichkeit, den Konflikt beizulegen. Der Syrien-Gipfel am heutigen Freitag im Wiener Hotel Imperial soll nur der Auftakt sein. In einer Woche soll das nächste Treffen folgen. Wieder in Wien. Und dabei könnten schon, wie „Die Presse“ erfuhr, syrische Vertreter der Opposition und des Assad-Regimes eingebunden sein. Russland und die USA wollen sie möglichst schnell an den Verhandlungstisch holen.

Von der Konferenz am heutigen Freitag erwartet niemand einen Durchbruch. Kerry geht es darum, einen Verhandlungsprozess in Gang zu bringen. Und eine führende Rolle soll dabei nach Informationen der „Presse“ dem italoschwedischen Syrien-Beauftragten der UNO, Staffan de Mistura, zukommen. Kerry traf ihn bereits am Donnerstag in Wien. In den Abendstunden setzte sich im Hotel Imperial das Syrien-Quartett zusammen, das sich am vergangenen Freitag in denselben Räumlichkeiten zum ersten Mal formiert hatte: die Außenminister der USA, Russlands, Saudiarabiens und der Türkei. Sie bereiteten die große Runde mit insgesamt 16 Außenministern, einem Vizeaußenminister, der EU-Außenbeauftragten und de Mistura vor, die heute, Freitag, ihre Köpfe zusammenstecken werden. Erstmals werden dabei auch die Chefdiplomaten des Iran und Saudiarabiens an einem Tisch sitzen. Die Saudis, die sich als führende Schutzmacht der Sunniten verstehen, haben sich lang gesträubt, mit ihrem schiitischen Erzfeind zu sprechen. Länger noch als die Amerikaner. Der Iran und Russland sind die wichtigsten Unterstützer des syrischen Präsidenten, Bashar al-Assad. Sie halten ihn militärisch und finanziell am Leben.

„Es ist gut, dass die Iraner dabei sind. Nur wenn alle Supermächte und Regionalmächte involviert sind, haben Syrien-Verhandlungen eine Chance auf Erfolg“, sagte Österreichs rekonvaleszenter Außenminister Sebastian Kurz am Donnerstag nach seiner Unterredung mit Kerry. Er ist froh und auch ein wenig stolz, dass die Syrien-Konferenz in Österreich stattfindet. Nach dem Erfolg der Atomverhandlungen mit dem Iran im Palais Coburg warb Kurz bei jeder Gelegenheit dafür, Syrien-Gespräche nach Wien zu holen.

Im Februar Geheimgespräche in Wien

Die jetzige diplomatische Initiative dürfte paradoxerweise von der russischen Militärintervention angestoßen worden sein. Kerry hat seither seine Friedensbemühungen intensiviert. Er scheint überzeugt zu sein, dass letztlich auch Moskau Interesse an einer raschen Beilegung des Konflikts hat, um nicht im syrischen Sumpf zu versinken.

Kerry hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. „Die Herausforderung, vor der wir in Syrien stehen, ist es, einen Weg aus der Hölle zu finden“, hatte er vor seinem Abflug nach Wien erklärt. Sein Sprecher John Kirby erläuterte, man wolle in Wien an einem Friedensfahrplan für Syrien arbeiten. Wird man sich bereits heute auf eine solche Roadmap einigen?

Wie „Die Presse“ aus diplomatischen Kreisen erfuhr, laufen hinter den Kulissen längst Verhandlungen mit den syrischen Bürgerkriegsparteien. Und auch diese Geschichte spielt zum Teil in Wien. Am 13. Februar traf UN-Sonderbeauftragter de Mistura Vertrauensleute der Opposition und des Assad-Regimes zu Geheimgesprächen in einem Wiener Hotel. Ein paar Wochen später folgte eine zweite Gesprächsrunde, ebenfalls in Wien. Kanäle öffneten sich. Erste indirekte Verhandlungen kamen in Gang. De Mistura führte zunächst in Genf und dann Ende September am Rande der UN-Generalversammlung auch in New York jeweils getrennte Gespräche mit Vertretern Assads und der Rebellen. Schon bald könnte er sie wieder treffen. Vielleicht in Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2015)

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