"Frieden mit, nicht gegen Russland"

Sergej Lawrow empfängt Sebastian Kurz nach dessen Nachtflug aus Washington in Moskau.
Sergej Lawrow empfängt Sebastian Kurz nach dessen Nachtflug aus Washington in Moskau.(c) APA/AFP/KIRILL KUDRYAVTSEV
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Als Vorhut Heinz Fischers wirbt Außenminister Sebastian Kurz in Moskau für den OSZE-Vorsitz Österreichs im kommenden Jahr.

Wien/Moskau. Das Programm war ambitioniert. Nur ein Transatlantik-Nachtflug der russischen Fluglinie Aeroflot von Washington nach Moskau über diverse Zeitzonen hinweg ermöglichte die Shuttle-Diplomatie von Außenminister Sebastian Kurz – und sein Vorhaben, binnen 24 Stunden die Außenminister der USA und Russlands in deren Hauptstädten zu treffen.

Im Vorjahr weilten John Kerry und Sergej Lawrow, die beiden Chefdiplomaten der Großmächte und Antagonisten der unterschiedlichen Pole, bei den Iran- und Syrien-Gesprächen teilweise wochenlang in Wien, wobei sich dem Quasi-Gastgeber mehrmals die Gelegenheit zu hochrangigen Kontakten bot. In den vergangenen Tagen hätte eine Krise wie jene um die armenische Enklave Berg-Karabach indes den Zeit- und Reiseplan von Sebastian Kurz jederzeit über den Haufen werfen können.

Als Kurz am Dienstag in Moskau mit Lawrow zusammentraf, war jedoch bereits eine Feuerpause zwischen den Konfliktparteien ausgerufen, und der österreichische Außenminister konzentrierte sich darauf – wie bereits in Washington –, für den OSZE-Vorsitz Österreichs im kommenden Jahr zu werben. Österreich müsse sein Potenzial als neutrales Land nutzen, um eine Brückenrolle in Europa zu spielen, betonte er. Derzeit führt Deutschland das Präsidium in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, Österreich ist zusammen mit Serbien Mitglied in der sogenannten Troika.

Dialog mit Regierung Putin

Der Kampf gegen Radikalisierung und Terrorismus habe auch für Österreich Priorität während des OSZE-Vorsitzes, bekräftigte Kurz gegenüber Lawrow. Der Außenminister sieht darin eine Überschneidung zwischen den USA und Russland. Die OSZE sei dafür eine geeignete Plattform, um in einen Dialog mit der Regierung Putin zu treten. „Man muss Institutionen wie die OSZE nutzen“, sagte Kurz. „In Europa kann es Frieden nur mit Russland geben, nicht gegen Russland.“

Neben dem Stand der Dinge im Ukraine-Konflikt, den betreffend Kurz auf die Umsetzung des Minsker Abkommens pochte, waren vor allem die Syrien-Verhandlungen in Genf Gegenstand der Unterredung. Um sich in der Causa abzustimmen, hatte Kerry kürzlich Lawrow einen Besuch in Moskau abgestattet. Bei Verhandlungsfortschritten am Schweizer UNO-Sitz, heißt es in diplomatischen Kreisen, könnte durchaus wieder Wien als Verhandlungsort ins Gespräch kommen.

Die EU-Sanktionen gegen Russland kamen in Moskau vorerst nicht zur Sprache, möglicherweise aber heute beim Besuch des Bundespräsidenten, Heinz Fischer, in der russischen Hauptstadt. Kurz war gleichsam als Vorhut in Moskau gelandet, einen halben Tag vor der Delegation aus Wien samt Justizminister Wolfgang Brandstetter, Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter, Staatssekretärin Sonja Steßl und Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl. Höhepunkt der Fischer-Visite ist ein Treffen mit Wladimir Putin, dem Kreml-Chef, und mit Premier Dmitrij Medwedjew.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2016)

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