Irland: Die wahre Insel der Seligen

Themenbild Irland
Themenbild Irland(c) Ann-Cathrin May
  • Drucken

Die Iren haben die höchste Geburtenrate in der EU. Ein Viertel der Bevölkerung ist jünger als 18 Jahre. Das hat nicht nur mit strengen Abtreibungsregeln zu tun.

Dublin/London. Die schwere Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre hat den Iren offenbar nicht die Zuversicht für eine bessere Zukunft genommen. Im Jahr 2014 verzeichnete die Grüne Insel nach Angaben von Eurostat die höchste Geburtenrate in der EU mit 14,4 Neugeborenen pro 1000 Einwohner. Der Durchschnitt in der Union war mit 10,1 per 1000 deutlich geringer. Da zugleich die Sterberate mit 6,4 auf 1000 Einwohner eine der geringsten in der EU war, verzeichnete das Land einen Nettozuwachs von 8,1 Personen pro 1000.

Ein ähnlicher Boom ist in Nordirland, das zu Großbritannien gehört, zu registrieren. Hier wird bei anhaltenden Trends allein bis 2024 ein Wachstum von 5,3 Prozent erwartet. Im Jahr 2034 würde dann die Schallmauer von zwei Millionen Bewohner in der Provinz Ulster durchbrochen werden.

Die Geschichte Irlands war immer eine Geschichte der Auswanderung. Vor Unterdrückung durch die Engländer und Hungersnöten nach Missernten flüchteten Millionen Iren nach Übersee. Allein im heutigen Großbritannien leben 660.000 Iren. In den USA haben Millionen irische Vorjahren.

Mit dem Bevölkerungszuwachs erholt sich die Republik Irland auch wieder von dem Verlust während der Wirtschaftskrise 2008–2013. Mehr als 400.000 Menschen verließen damals das Land. Mittlerweile hat sich das Blatt gewendet: Mit einem Plus von 7,8 Prozent legte Irland im Vorjahr ein Wachstum hin, das selbst asiatische Tigerstaaten vor Neid erblassen lässt.

Mit 25 Prozent der Bevölkerung unter 18 Jahren liegt Irland nicht nur unter dem EU-Durchschnitt von 19 Prozent, sondern hat eine der jüngsten Gesellschaften Europas. Während eine wachsende Bevölkerung ein Motor für eine wachsende Gesellschaft ist, wie Nachbar Großbritannien vorzeigt ,und die Altersstruktur Irlands den Pensionskassen Spielraum gibt, bedeutet die hohe Zahl von Neugeborenen eine Belastung für den Staatshaushalt durch die starke Nachfrage nach Kinderbetreuungsplätze. „Während uns ganz Europa um unsere Geburtenrate beneidet, geben wir nur 0,2 Prozent unseres BIPs für Kinder aus“, warnt Teresa Heeney von der Interessengruppe Early Childhood Ireland.

Erhebungen über das Sexualleben der Iren zeigen, dass 25 Prozent der jungen Iren zwischen 15 und 18 das erste Mal Sex haben. Während in der katholischen Republik Irland 40 Prozent aller Neugeborenen unehelich zur Welt kommen, sind es in der protestantischen Provinz Ulster 60 Prozent. Mit einem Verbot der Abtreibung außer im Fall medizinischer Indikation hat die Republik Irland immer noch Bestimmungen, die zu den strengsten der Welt gehören.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.