140 Tote im Jemen: USA erwägt Ende der Kooperation mit Saudiarabien

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Suche nach Überlebenden.APA/AFP/MOHAMMED HUWAIS
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Medien bezeichnen die heftigen Luftangriffe auf eine Beerdigung in Jemens Hauptstadt Sanaa als "Massaker". 525 Menschen wuren verletzt.

Bei verheerenden Luftangriffen auf eine Trauerfeier im Jemen sind nach Angaben der UNO mehr als 140 Menschen getötet worden. Über 525 weitere Menschen seien verletzt worden, sagte die UNO am Samstag. Generalsekretär Ban Ki-moon verurteilte die Attacken: Jeder vorsätzliche Angriff auf Zivilisten sei "absolut inakzeptabel", erklärte Ban am Sonntag. Es müsse eine "schnelle und unabhängige" Untersuchung zu dem Vorfall geben, die Verantwortlichen müssten Rechenschaft ablegen.

In Bans Erklärung wurde erwähnt, dass die Angriffe offenbar von der von Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition geflogen wurden, allerdings machte der UNO-Generalsekretär selbst niemanden direkt verantwortlich.

Armeeflugzeuge hätten ein öffentliches Gebäude in Sanaa bombardiert, in dem sich mindestens 1000 Trauernde nach dem Tod des Vaters eines ranghohen Rebellen versammelt hätten, meldete die von den Aufständischen kontrollierte Nachrichtenwebsite sabanews.net am Samstag. Es handle sich um ein "Massaker". Dem Sender Almasirah zufolge war auch der Bürgermeister von Sanaa, Abdel Kader Hilal, unter den Todesopfern. Ein Augenzeuge berichtete, zuerst habe ein Armeeflugzeug eine Rakete abgeschossen "und Minuten später hat ein weiteres Flugzeug geschossen". Nach den Angriffen geriet das Gebäude in Brand und stürzte laut Anwohnern ein.

Saudiarabien weist Vorwürfe zurück

In Washington machte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, Ned Price, die Empörung der USA über einen erneuten Angriff auf Zivilisten im Jemen deutlich: "Die US-Sicherheitszusammenarbeit mit Saudiarabien ist kein Blankoscheck", sagte er. Die US-Regierung habe angesichts des Luftangriffs auf eine Trauergemeinde und früherer Vorfälle eine "sofortige Überprüfung" ihrer bereits verringerten Zusammenarbeit mit der von Saudi-Arabien angeführten Koalition in die Wege geleitet.

Den Vorwurf der Houthi-Rebellen im Jemen, dass die Luftangriffe von der von Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition geflogen worden seien, hatte das Bündnis zuvor zurückgewiesen. Die Koalition habe "derartige Versammlungen in der Vergangenheit gemieden". Sie seien "nie ein Zielobjekt" gewesen. Für den Vorfall müssten "andere Ursachen" in Erwägung gezogen werden.

Einer verheerendster Luftangriffe

Im Jemen kämpfen seit September 2014 Truppen des sunnitischen Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi gegen vom Iran unterstützte schiitische Houthi-Rebellen und andere Gruppen, die dem ehemaligen Präsidenten Ali Abdallah Saleh die Treue halten. Die Houthis hatten Anfang 2015 die im Norden gelegene Hauptstadt Sanaa und andere Städte erobert. Seit März 2015 fliegt ein von Riad angeführtes arabisches Militärbündnis Luftangriffe auf die Rebellen. Seither wurden nach Schätzungen der UNO mehr als 6700 Menschen getötet, die meisten von ihnen Zivilisten.

Die Regierungstruppen konnten die schiitischen Rebellen im Sommer aus Aden und vier weiteren Provinzen im Süden des Jemen zurückdrängen. Die Houthis halten jedoch weiter die Hauptstadt Sanaa und weite Landesteile im Norden. Vermittlungsversuche der UNO führten bisher nicht zu einer Befriedung des Landes.

Bei dem Angriff vom Samstag handelte es sich um einen der verheerendsten Luftangriffe seit Beginn der Militäroperation des von Saudi-Arabien angeführten Bündnisses im März 2015. Im September 2015 waren bei einem mutmaßlichen Luftangriff der Koalition auf eine Hochzeitsfeier 131 Zivilisten getötet worden. Auch damals bestritt das Bündnis jede Verantwortung. Im März 2016 wurden 119 Menschen durch einen Luftangriff der Koalition auf einen Markt getötet.

(APA/DPA)

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