Fällt die Burka auch in Italien?

Faellt Burka auch Italien
Faellt Burka auch Italien(c) EPA (JULIEN WARNAND)
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In Norditalien haben bereits mehrere Städte das Verbergen des Gesichts in der Öffentlichkeit verboten. Die Regierung in Rom ist noch uneins. Ein Verstoß soll, nach Vorstellungen der Lega Nord, bis zu 2000 Euro kosten.

ROM. Den Anfang machte Novara im Piemont: Vor Kurzem hielt die Polizei eine Frau an, als sie eine Postfiliale betreten wollte und verwehrte ihr und ihrem Mann den Zutritt. Weil die 26-jährige Tunesierin eine Burka trug, verstieß sie gegen eine Verordnung der Stadt vom Jänner und wurde mit einer Strafe von 500 Euro belegt. Laut Verordnung müssen Gesichter in der Öffentlichkeit erkennbar sein.

Die Polizei begründete ihr Vorgehen damit, dass die Frau ein „Sicherheitsrisiko“ darstelle, und bestand zudem auf eine Körperkontrolle – obwohl der Ehemann gültige Papiere vorweisen konnte. Bürgermeister Massimo Giordano von der Lega Nord verteidigte das Vorgehen der Polizei, muslimische Verbände nannten es „rassistisch“ und „diskriminierend“. „In einer zivilisierten Gesellschaft dürfen Muslimas nicht komplett verschleiert auf die Straße“, konterte Giordano. Männer und Frauen seien in Italien gleichgestellt, das müssten auch hier lebende Ausländer respektieren.

Vorbilder Frankreich, Belgien

Durch Beispiele in anderen EU-Staaten hat auch in Italien die Forderung nach Verboten von Körperverschleierungen Rückenwind: In Frankreich verabschiedete die Regierung vor Tagen einen Gesetzesentwurf, der im Sommer ins Parlament kommt. So soll es illegal sein, in der Öffentlichkeit das Gesicht zu verhüllen – außer etwa durch Motorradhelme bei der Fahrt oder Masken im Fasching. In Belgien dürfte ein solches Gesetz bis Juni vom Senat bestätigt werden, in den Niederlanden, der Schweiz und Österreich gibt es Stimmen dafür sogar aus Regierungskreisen.

In Italien hat die Lega Nord, eine Partnerpartei der Regierung von Premier Silvio Berlusconi, im Herbst einen solchen Gesetzesentwurf im Parlament eingebracht, in dem ausdrücklich die Vollverschleierung verboten werden soll. Ein Verstoß soll bis zu 2000 Euro kosten. Auch sonst macht die Lega seit Jahren gegen die rund 1,2 Millionen Muslimen im Land mobil.

In Berlusconis Regierungspartei „Volk der Freiheit“ gehen die Meinungen indes noch auseinander: Außenminister Franco Frattini etwa ist gegen ein Verbot und meint, man müsse die Frage „in einem größeren Kontext von Integration“ behandeln und „einerseits religiöse Gefühle respektieren, andererseits Antworten auf Sicherheitsanforderungen geben.“

Berlusconis Frauenministerin Mara Carfagna, ein früheres Fotomodell, ist dagegen dezidiert gegen Niqab und Burka – die Verschleierung sei kein religiöses Symbol sondern „Akt der Unterdrückung“. Und: „Den Gesichtsschleier zu verbieten, heißt, die jungen Migrantinnen aus den Ghettos zu befreien, in denen man sie halten will.“

Dekrete aus Mussolini-Ära

Jedenfalls konnte sich Novaras Bürgermeister Giordano bei „seinem“ Burka-Verbot auf kein nationales Gesetz stützen. Und so bezieht sich die Verordnung etwa auch auf ein Dekret, das noch aus der Mussolini-Ära stammt und verbietet, sich in der Öffentlichkeit zu vermummen. Auch die 1975, während der blutigen Jahre des Linksterrorismus erlassenen Gesetze zum Schutz der öffentlichen Ordnung schreiben vor, dass Personen in der Öffentlichkeit identifizierbar sein müssen. Andere Städte in Norditalien folgten dem Beispiel von Novara bereits.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2010)

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