Erdogan will besser integrierte Türken in Deutschland

Turkish PM Erdogan and German Chancellor Merkel address a news conference following their bilateral t
Turkish PM Erdogan and German Chancellor Merkel address a news conference following their bilateral t(c) REUTERS (Fabrizio Bensch)
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"Für ihr eigenes Glück" sollen aus der Türkei stammende Zuwanderer sich besser integrieren, erklärte der türkische Ministerpräsident. Er erörterte in Berlin mit Bundeskanzlerin Merkel aktuelle Probleme zu dem Thema.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan haben zu einer besseren Integration der Türken in Deutschland aufgerufen. Es gebe noch unverkennbare Probleme, die gelöst werden sollten, sagte Merkel am Samstag nach einem Gespräch mit Erdogan in Berlin. Beide Seiten wollen zum 50-jährigen Jubiläum der Gastarbeiteranwerbung im Oktober 2011 Bilanz ziehen. Erdogan sagte, man wolle herausfinden, "wo wir angekommen sind und was wir noch tun könnten".

Bei der Integration sei es wichtig, Werte und Lebensweisen der Gesellschaft, in der man lebe, zu respektieren und sich anzupassen. "Da bin ich selbstverständlich dafür, dass die Menschen türkischer Abstammung hier in Deutschland sich integrieren für ihr eigenes Glück."

Sprache und Verfassung als Kernpunkte

Nach Merkels Worten geht es um Teilhabe am gesellschaftlichen Leben - etwa dem Erlernen der deutschen Sprache und dem Akzeptieren der Verfassung. Vor allem gehe es aber darum, dass Menschen türkischer Herkunft die gleichen Chancen hätten. Oft hätten diese Bürger eine geringere Ausbildung und beendeten seltener die Schule mit einem Abschluss. "Das möchten wir ändern", sagte die deutsche Kanzlerin. Der Schlüssel dazu sei Integration. "Assimilation steht überhaupt nicht auf der Tagesordnung."

Erdogan erklärte, um die Bildungschancen von Deutsch-Türken zu verbessern, solle in Istanbul eine türkisch-deutsche Universität und in Deutschland ein Pendant dazu gegründet werden. Der deutsche Bundespräsident Christian Wulff hatte in seiner Rede zur deutschen Einheit jüngst betont, neben Christentum und Judentum gehöre auch der Islam zu Deutschland. Erdogan lobte, dass Wulff eine Realität angesprochen habe: "Ich erkenne das hoch an."

Spingelegger: "Missverständnisse ausräumen"

Auch Österreich engagiert sich gemeinsam mit der Türkei für eine bessere Integration der Türken. So vereinbarte Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) am Donnerstag in Ankara mit seinem türkischen Amtskollegen Ahmet Davutoglu, Anfang 2011 in Wien eine Konferenz zur Integration von Türken auszurichten. An der Konferenz soll neben Davutoglu auch der deutsche Chefdiplomat Guido Westerwelle teilnehmen. Spindelegger will mit der Konferenz "Missverständnisse" ausräumen und "radikalen Tendenzen Einhalt gebieten". Davutoglu unterstrich bei der gemeinsamen Pressekonferenz: "Was wir unter Integration verstehen, ist die Tatsache, dass die Türken in Österreich die Sprache erlernen (...) und gemäß den österreichischen Gesetzen leben sollen."

Deutschland, Frankreich und Österreich gehören zu jenen EU-Staaten, die einer Vollmitgliedschaft der Türkei in der Union am skeptischsten gegenüberstehen. In Deutschland sprechen sich einer aktuellen Umfrage des Instituts "Emnid" zufolge 69 Prozent der Bürger dagegen aus, 27 Prozent sind dafür. Besonders groß sei die Ablehnung bei Senioren sowie CDU-Anhängern.

CSU-Chef forderz Türken-Zuwanderungsstopp

Während CSU-Chef Horst Seehofer im Nachrichtenmagazin "Focus" dazu aufrief, die Zuwanderung aus "fremden Kulturkreisen" wie etwa der Türkei zu bremsen, forderte die deutsche Industrie eine zügige Fortsetzung der EU-Beitrittsgespräche mit dem Land am Bosporus. "Für die deutsche Wirtschaft ist die Türkei ein stabiler Partner", sagte der Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes BDI, Seehofers Parteifreund Werner Schnappauf. "Das Land bleibt absehbar ein Wachstumsmarkt in strategisch bedeutender Lage."

Merkel hatte in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Erdogan betont, dass die EU-Beitrittsgespräche "ergebnisoffen" blieben. Die deutsche Kanzlerin will im Jänner nach Zypern reisen, um in dem dortigen Konflikt zwischen der griechischen und türkischen Volksgruppe zu vermitteln. Wegen des Konflikts blockiert Zypern mehrere Verhandlungskapitel, lediglich zwei können noch eröffnet werden. In den fünf Jahren seit Verhandlungsbeginn sind erst 13 der 35 Kapitel eröffnet worden, ein einziges (Wissenschaft) wurde abgeschlossen: Unter österreichischem EU-Ratsvorsitz im Jahr 2006.

(Ag.)

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