Aufregung um Saudi-Zentrum in Wien

Außenminister Michael Spindelegger bei seinem Besuch in Ägypten
Außenminister Michael Spindelegger bei seinem Besuch in Ägypten(c) APA/BUNDESHEER/DRAGAN TATIC (BUNDESHEER/DRAGAN TATIC)
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Saudiarabien, Spanien und Österreich wollen ein Zentrum für Dialog der Religionen gründen. Der Großscheich der Al-Azhar-Universität in Kairo warnt davor.

Kairo. Der Großscheich der Al-Azhar-Universität, eine der größten Theologischen Instanzen des Islam, war gar nicht erfreut. In eindringlichen Worten warnte Ahmed El Tayeb seinen Gast, den österreichischen Außenminister Michael Spindelegger davor, Saudiarabien in Wien eine Plattform für ein interreligiöses Zentrum zu bieten. Es sei ja bekannt, welche Unruhe die Saudis mit solchen Zentren weltweit gesät hätten und welche Doktrin dahinter stecke. Tatsächlich ist der aus Saudiarabien stammende Wahhabismus eine radikale Spielart des Islam.

Ministerrat gab grünes Licht

Spindelegger widersprach dem Großscheich umgehend. Die geplante Institution sei kein theologisches Zentrum zur Auslegung des Koran, meinte er. Der Hintergrund: In Wien soll demnächst das King Abdullah-Zentrum für den Dialog der Religionen und Zivilisationen entstehen. Gründungsstaaten sind Österreich, Saudiarabien und Spanien. Der Vertrag ist noch nicht unterschrieben.

Der Ministerrat in Wien gab jedoch bereits am 17. November 2010 grünes Licht für Verhandlungen. Im Aufsichtsrat sollen alle Weltreligionen und Zivilisationen vertreten sein. Der Papst hat bereits einen Dialogpartner, einen palästinensischen Christen, entsandt.

Saudis suchen noch Gebäude

Für das Judentum soll Rabbi Rosen sprechen. Wien will mit dem Zentrum, das als internationale Organisation aus der Taufe gehoben werden soll, seinen Ruf als Dialoplattform stärken.  Das Sekretariat wird ungefähr 25 Mitarbeiter umfassen. Das Geld für das Projekt, ein hoher zweistelliger Millionenbetrag, wird großteils aus Saudiarabien kommen.

Derzeit suchen die Saudis noch ein passendes Gebäude in der österreichischen Hauptstadt; zuletzt tauchten dabei Probleme auf. Die neue internationale Organisation soll offen sein für alle Staaten, nicht nur Österreich, Spanien und Saudiarabien.

König gab Wien den Zuschlag

Die Briten waren angeblich daran interessiert, das Zentrum nach London zu lotsen. Doch Saudiarabiens König gab Wien den Zuschlag. Möglicherweise kommt er auch nach Österreich, um das Zentrum zu eröffnen.

Der Großscheich Al-Azhar-Universität mahnte Außenminister Spindelegger zu Vorsicht. Das Zentrum könne doch auch zu 100 Prozent von Österreich geführt werden, meinte er.

Es war deutlich zu erkennen, dass dem Ägypter, der einer anderen Auslegung des Islam zuneigt, die Veranstaltung der Wahhabiten in Wien ein Dorn im Auge ist.

("Presse"-Printausgabe, 6. April 2011)

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