Türkei: Neuer Militär-Chef will "Armee des Gesetzes"

TURKEY DEFENCE
TURKEY DEFENCE (c) EPA (Presidental Press Office / Handout)
  • Drucken

In der Türkei sind die wichtigsten Kommandanten der Armee zurück getreten. Der Aufstieg des bisherigen Gendamerie-Chefs zum neuen Generalstabschef ist ungewöhnlich.

"Özel" heißt auf Türkisch "besonders". Deshalb ist es kein Wunder, dass der Name des designierten neuen Armeechefs der Türkei, Necdet Özel, für die Medien des Landes derzeit Anlass für naheliegende Wortspiele bietet. Etliche Zeitungen scherzten, in der Armee beginne mit dem Amtsantritt des 61-jährigen eine "besondere Ära".

Tatsächlich ist der Aufstieg des bisherigen Kommandanten der paramilitärischen Gendarmerie an die Spitze der Militärs ungewöhnlich - er verdankt seinen Posten dem spektakulären Kollektiv-Rücktritt der vier ranghöchsten Soldaten des Landes. Özel wird in seinem neuen Job vor allem eine Aufgabe haben: die türkische Armee von ihrem innenpolitischen Rollenverständnis zu befreien und zur Streitmacht eines demokratischen Landes zu machen.

Noch vor seiner offiziellen Ernennung, die in den kommenden Tagen erwartet wird, deutete Özel an, dass er keine illegalen Umtriebe wie Putschvorbereitungen in den Reihen der Militärs dulden will: In seiner Abschiedsbotschaft an die türkische Gendarmerie hob er hervor, die Militärs seien eine "Armee des Gesetzes".

In der Vergangenheit legten die Generäle dies als Freibrief aus, im Namen der Republik gegen missliebige Regierungen vorzugehen. Özel soll damit Schluss machen. Er wurde von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und Staatspräsident Abdullah Gül an die Spitze der mit mehr als 500.000 Soldaten zweitstärksten NATO-Streitmacht gehievt, weil sich seine Vorgänger weigerten, unter Putschverdacht stehende Offiziere in den Ruhestand zu versetzen.

In den kommenden Tagen leitet Özel zusammen mit Erdogan eine Sitzung des Hohen Militärrats, bei der es um Beförderungen geht. Für einige strikt säkularistische Generäle - darunter einige, die sich demonstrativ weigerten, den frommen Muslim Gül zu grüßen - dürfte die Sitzung das Ende der Karriere bedeuten. Weitere Rücktritte sind nicht auszuschließen.

Der bullig gebaute Özel, der aus einer Soldatenfamilie stammt, sieht auf den ersten Blick nicht wie jemand aus, der den Machtanspruch der türkischen Generäle beschneiden will. Doch Weggefährten des neuen Armeechefs berichteten in türkischen Zeitungen, Özel habe sich nie in die Politik eingemischt und nie Druck auf Andersdenkende ausgeübt. Nun wird Özel, dessen Amtszeit an der Armeespitze bis zum Jahr 2015 reicht, eine neue Rolle für die Militärs finden müssen. Eine kleinere, schlagkräftigere Armee, die sich völlig aus der Politik heraushalte - so definierte eine Zeitung die Ziele für die "besondere Ära".

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Machtkampf Tuerkische Armee erhaelt
Außenpolitik

Machtkampf: Türkische Armee erhält neue Führung

Der bisherige Chef der Gendarmerie, Necdet Özel, wird Generalstabschef. Weitere Änderungen innerhalb der Streitmacht stehen noch bevor. Die Folgen der Kapitulation der Armeeführung sind noch nicht abzusehen.
Tuerkei Militaerfuehrung tritt geschlossen
Außenpolitik

Rücktritt der Militärspitze schockt Türkei

Wegen eines Konflikts mit Premier Recep Tayyip Erdoğan treten die wichtigsten Kommandanten der türkischen Armee zurück. Die Regierung zeigt sich unbeeindruckt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.