Der türkische Premier betet auf dem Märtyrerplatz in Tripolis. Sein Land ist das Vorbild für den Übergangsrat, der seit Freitag mit UN-Sanktus das Land vertritt.
Die Aufständischen in Libyen haben den Aufbau eines demokratischen Staates nach dem Muster der Türkei zu ihrem Ziel erklärt. "Wir wollen ein demokratisches, islamisches Land nach dem Vorbild der Türkei werden", sagte der Chef des Übergangsrates, Mustafa Abdul Jalil, am Freitag bei einem Treffen mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan in Tripolis. Jalil dankte der Türkei dann auch "für wirtschaftliche und medizinische Hilfe während der Revolution".
Erdogan rief die verbliebenen Anhänger von Muammar al-Gaddafi auf, den Kampf aufzugeben und ein weiteres Blutvergießen zu vermeiden. Widerstand, der sich gegen den Willen eines größeren Teils des Volks richte, habe keine Aussicht auf Erfolg, sagte Erdogan in der von Fernsehsendern übertragenen Ansprache. "Das ist ein Kampf für Freiheit und Demokratie", sagte er.
Erdogan: "Hand in Hand, Seite an Seite"
Der türkische Regierungschef sagte der politischen Führung der Aufständischen die Unterstützung seines Landes zu. Türkische Teams würden bald eintreffen, um "Hand in Hand, Seite an Seite" mit den Libyern zu arbeiten. Die türkische Botschaft in Tripolis arbeite bereits seit dem 2. September wieder. Bald werde Turkish Airlines den regulären Flugbetrieb nach Tripolis wieder aufnehmen.
Zudem betete Erdogan öffentlich bei seinem Besuch in der libyschen Hauptstadt. Augenzeugen berichteten, Erdogan habe zusammen mit Mitgliedern des Übergangsrates und einfachen Bürgern auf dem Märtyrerplatz (vormals: Grüner Platz) im Stadtzentrum der Freitagspredigt des Imams Salim al-Sheikh gelauscht. Ein libyscher Beobachter meinte, derartige Gesten kämen bei der mehrheitlich islamisch-konservativen Bevölkerung Libyens gut an.
UN erkennen libyschen Übergangsrat an
Die Vereinten Nationen haben unterdessen den Übergangsrat in Libyen als neue Vertretung des Landes anerkannt. Die Vollversammlung der 193 Mitgliedsländer stimmte am Freitag mit großer Mehrheit dafür, das bisher vom Gaddafi-Regime besetzte UN-Mandat auf die Rebellen zu übertragen. Zudem lockerte die UN die Sanktionen gegen Libyen.
Rebellen ziehen aus Gaddafi-Hochburg ab
Die Kämpfer der neuen libyschen Führung haben ihre Offensive gegen die Wüstenstadt Bani Walid am Freitag vorübergehend ausgesetzt. Wie ein Kommandant am Abend sagte, zogen sich die Kämpfer "aus taktischen Gründen" zurück. Es habe "keinen Sinn, in der Nacht Positionen in einer feindlichen Umgebung zu halten". Damit spielte er auf zahlreiche Scharfschützen unter den Anhängern Gaddafis an. Nach Angaben des Kommandanten waren seine Kämpfer am Tag bis ins Herz von Bani Walid vorgedrungen.
Niger lehnt Auslieferung von Saad Gaddafi ab
Libyens Nachbarstaat Niger schloss unterdessen die Auslieferung von Gaddafis Sohn Saadi an die neue libysche Führung vorerst aus. Der nigrische Regierungssprecher Marou Amadou sagte, gemäß seiner internationalen Verpflichtungen könne der Niger niemanden in ein Land ausliefern, wo es keine Aussicht auf einen fairen Prozess gebe und die Todesstrafe drohe. Anders sehe es bei einem unabhängigen Gericht mit weltweiter Zuständigkeit aus.
(Ag.)