Der Freiheitliche über die Gründe von Van der Bellens Wahlsieg, die Fehler im eigenen Wahlkampf und die Lehren für kommende Wahlen. Bei der Nationalratswahl solle die FPÖ mit einem moderaten Stil die politische Mitte ansprechen.
Die Presse: Woran liegt es, dass Norbert Hofer die Wahl nicht gewonnen hat?
Andreas Mölzer: Für mich stellt sich eher die Frage, wie es möglich war, dass der freiheitliche Kandidat so erfolgreich war. Ein Freiheitlicher hat in drei Wahlgängen zwischen 35 und 49 Prozent der Stimmen erreicht. Ich glaube, dass das ein Höhepunkt der freiheitlichen Entwicklung ist.
Noch einmal: Hofer hat nicht gewonnen. Warum?
Es gibt ein Bündel von Gründen. Am wichtigsten ist, dass es eine Einheitsfront von allen etablierten Parteien, von nahezu allen etablierten Medien, von allen Institutionen der etablierten Zivilgesellschaft gegen Hofer gegeben hat.
Da gibt es aber einige Gegenbeispiele – vom Klubobmann der ÖVP bis zur größten Tageszeitung.
Für Hofer war sie nicht. Da habe ich vielleicht in Ansätzen eine Äquidistanz gesehen.
Das heißt, Meinungsäußerungen von jenen, die Sie im Wahlkampf Establishment genannt haben, wirken doch?
Ja sicher. Das Imperium hat zurückgeschlagen. Natürlich wirkt das.
Sie haben also „das Volk“ noch nicht hinter sich?
Wir haben jenen Teil des Volkes hinter uns, der der Ansicht ist, dass die etablierte politische Klasse versagt hat. Das sind offenbar noch nicht mehr als 50 Prozent.
Gab es auch Fehler im Wahlkampf?
Natürlich gab es Schwächen, und im Nachhinein ist jeder gescheiter und sagt, das war zu scharf oder zu wenig scharf.
War es nun zu scharf oder zu wenig scharf?
Ein bisschen hat der Trump-Wahlkampf hereingespielt, nur Trump ist von seinem Naturell her ein Polterer, ein Rüpel. Hofer ist das nicht, bei dem wirkt es nicht authentisch, wenn er auf einmal scharf wird. Zu ihm passt das nicht.
Welche Lehren sollten die Freiheitlichen für die nächsten Wahlen ziehen?
Dass man auf die Mitte zielen muss, ohne die Stammwählerschaft und das Protestpotenzial zu vernachlässigen. Das ist auch diesmal gut gelungen. Ich hoffe auch, dass viele, die jetzt Hofer gewählt haben, eine Hemmschwelle überschritten haben.
Wie soll der Spagat gelingen?
Man muss vom Stil her die Mitte ansprechen, aber von der Sache her hart bleiben. Die FPÖ ist deshalb eine Systemalternative, weil sie für die autochthone Bevölkerung, für die Erhaltung der österreichischen Identität, gegen Massenzuwanderung, gegen Sozialmissbrauch eintritt. Würde sie da aufweichen, wäre sie historisch obsolet. Sie wird es vom Stil her moderat machen müssen.
Christian Kern versucht es mit einem Kuschelkurs. Hilft oder schadet das der FPÖ?
Ich hätte eigentlich angenommen, dass das der Dämonisierung des FPÖ-Kandidaten entgegenwirkt, es war aber ein schlauer Schachzug, weil Kern damit signalisiert: Die FPÖ ist auch Establishment. Das hatte bei den Protestwählern den Effekt, dass dort die Mobilisierung nicht mehr so groß war.
Wie wirkt man dem entgegen?
Indem man dem Anti-Establishment-Wählerpotenzial klarmacht, dass es nur eine Systemalternative gibt, die diese Zivilreligion der politischen Correctness nicht mitmacht.
Bei der nächsten Wahl wird es, wenn man personalisiert, wohl das Match Kern gegen Kurz gegen Strache geben. Wird es da für die FPÖ schwieriger?
Das kann schon sein. Den Faymann konnte man sich als Gegner nur wünschen. Das ist jetzt schon ein anderes Kaliber. Und wie Mitterlehner gesagt hat, dem Neuen haftet immer ein Zauber an. Aber ich glaube weiter an die Chance, größte Partei zu werden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2016)