Gleichstellung: Wehrpflicht für Frauen?

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In Zukunft könnte die Wehrpflicht ausgedehnt werden müssen, sagt Verfassungsjurist Heinz Mayer.

Wien/APA/UW. Die Frage ist zwar noch eine theoretische, sorgt jedoch knapp vor der Volksbefragung für Aufregung: Müsste in einer gleichberechtigten Gesellschaft die Wehrpflicht auch für Frauen gelten? Ja, sagt Heinz Mayer. Bereits in fünf bis zehn Jahren – je nachdem, wie sich die Gesellschaft entwickle – könne es so weit sein, so der Verfassungjurist von der Uni Wien in der „Kronen Zeitung.“

Mayer argumentiert mit der Europäischen Menschenrechtskonvention. Diese enthält einerseits ein Verbot der Benachteiligung etwa aufgrund des Geschlechts (Art. 14) und andererseits ein Verbot der Zwangsarbeit  (mit Ausnahme der Wehrpflicht, Art. 4.). Sobald in einer Gesellschaft echte Gleichberechtigung erreicht sei, könne Österreich mit einer Wehrpflicht nur für Männer seine internationalen Pflichten verletzen, sagt Mayer. Er glaubt, dass eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) dann Chancen hätte. Wobei Mayers Fachkollege Bernd-Christian Funk widerspricht: Er glaube nicht, dass der EGMR derart in die heimische Verfassung eingreifen würde. Immerhin stünden sowohl die Wehrpflicht für Männer als auch der Gleichbehandlungssatz im Verfassungsrang.

Politik: Kein Debattenbedarf

Die Politik selbst will an der Frage „Wehrpflicht für Frauen?“ nicht anstreifen. Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) findet den Vorstoß interessant, will die Idee aber nicht als „Drohung“ in der aktuellen Debatte verwenden. Für Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) ist das Thema weit weg: Die Gleichstellung sei noch lange nicht erreicht. Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) tat die Idee als „Beitrag zum Fasching“ ab, die FPÖ ortet „Dirty Campaigning“ von SPÖ-Seite.

Heinz Mayer selbst bezieht sich auf den Bundespräsidenten: 2010 hatte Heinz Fischer zu den „Vorarlberger Nachrichten“ gesagt, dass für ihn aus Gleichbehandlungsgründen auf lange Sicht eine Wehrpflicht für Frauen vorstellbar sei. Kanzler Werner Faymann will nun die Einschätzung Mayers vom Verfassungsdienst prüfen lassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2013)


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