Maltas Außenminister folgt auf Dalli

Maltas Aussenminister folgt Dalli
Maltas Aussenminister folgt Dalli(c) REUTERS (BRENDAN MCDERMID)
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Die Regierung in Valletta hat Minister Tonio Borg als neuen Verbraucherschutzkommissar nominiert. Der bisherige Verbraucherschutzkommissar Dalli zürnt gegen Kommissionspräsident Barroso.

Wien/Brüssel/Ag./Red. Nach dem Rücktritt von EU-Kommissar John Dalli hat Malta Außenminister Tonio Borg als Nachfolger vorgeschlagen. Regierungschef Lawrence Gonzi habe EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso bereits über seine Entscheidung informiert, teilte die Regierung am Wochenende in Valletta mit. Der 55-jährige Borg ist stellvertretender Ministerpräsident und ein Experte für öffentliches Recht. Er war bereits Innen- und Justiz- und Umweltminister, im Jahr 2008 wurde Borg zum Außenminister ernannt.

EU-Parlament begrüßt Vorschlag

Das EU-Parlament begrüßte in einer ersten Stellungnahme die Entscheidung der maltesischen Regierung. Diese handle verantwortlich, meinte der Fraktionsvorsitzende der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), Joseph Daul. In der schweren Wirtschaftskrise brauche es eine voll funktionierende und fokussierte Kommission, so Daul weiter.

Der bisherige Verbraucherschutzkommissar Dalli war zu Beginn der letzten Woche nach Betrugsvorwürfen mit sofortiger Wirkung zurückgetreten. Medienberichten zufolge wurde er gedrängt, sich für die Aufhebung des Handelsverbots für einen schwedischen Lutschtabak einzusetzen. Dafür hätten ihm zehn Millionen Euro gewunken, heißt es. Treibende Kraft hinter dem Bestechungsversuch soll der Malteser Geschäftsmann Silvio Zammit gewesen sein. Für 60 Millionen Euro soll er dem Tabakkonzern Swedish Match angeboten haben, eine Aufhebung des EU-weiten Handelsverbots für den Lutschtabak „Snus“ durch Dalli zu erreichen. An Dalli sollten zehn Millionen Euro direkt überwiesen werden, schreibt die „Bild am Sonntag“. Das Geld dürfte freilich nie geflossen sein. Laut Swedish Match schlug der Konzern das Angebot aus und informierte die Kommission. Dalli bestreitet, von Zammits Aktivitäten gewusst zu haben. Nach Informationen der Zeitung kam es jedoch im Februar 2012 zu einem Treffen Zammits mit einer Konzernberaterin auf Malta, an dem auch Dalli teilgenommen haben soll.

Der 64-jährige Ex-Kommissar erhebt nun seinerseits schwere Vorwürfe gegen Kommissionspräsident Barroso. Dieser habe ihn in einem Gespräch unter vier Augen aus dem Amt zu drängen versucht und ihm nur 30 Minuten Bedenkzeit für den Rücktritt gegeben, sagte Dalli der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Leitartikel Seite 2

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2012)

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