Den EU-Institutionen geht mit dem geringeren Budget auch Einfluss verloren. Einige osteuropäische Staaten mussten ebenso wie die Bauern Einschnitte hinnehmen.
Brüssel. Die meisten der 27 Staats- und Regierungschefs stellten sich nach Abschluss des schwierigen EU-Budgetgipfels in Brüssel als Sieger dar. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) war da keine Ausnahme. Obwohl Österreich künftig durchschnittlich netto 300 Millionen Euro jährlich mehr an die EU zahlt als bisher, konnte er darauf verweisen, dass der ausgehandelte Beitrag im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung sogar geringer ist als jener, den der damalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) vor sieben Jahren ausgehandelt hatte.
Eigentlich gab es bei diesem Haushaltsdeal fast nur Verlierer. Die meisten Nettozahler zahlen künftig mehr in das EU-Budget ein, die meisten Nettoempfänger erhalten weniger. Eine glaubwürdige Strategie für die gemeinsame Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit oder den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit ist ausgeblieben. Diese lange als prioritär dargestellten Politikfelder werden nur mit geringfügig höheren Finanzmitteln unterfüttert.
Die wahren Verlierer sind aber die EU-Institutionen. Denn mit weniger Geld, das sie etwa für die Landwirtschaft, für grenzüberschreitende Verkehrs- und Infrastrukturnetze und für Zukunftsprojekte zu verwalten haben, verlieren sie an Macht und Einfluss. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso scheiterte mit seinen Plänen, das Budget auf 1,045 Billionen anzuheben. Es wurden letztlich nur 960 Mrd. Euro. Das EU-Parlament, das für eine deutliche Anhebung eingetreten war, wird zwar noch nachverhandeln, aber letztlich kaum noch wesentlich mehr an Gesamtleistungen herausholen.
Verloren hat auch der französische Staatspräsident François Hollande, der für einen ausgeweiteten Haushalt mit mehr Mitteln für Wachstum und Beschäftigung eingetreten war. Das Zahlenwerk sei „nicht gerade sein Traumergebnis“, zeigte er sich nach Abschluss des Gipfels enttäuscht. Ihm gelang es allerdings, die hohen Agrarhilfen für Frankreichs Bauern zu erhalten, wodurch ihm innenpolitische Nachwehen erspart bleiben. Insgesamt werden die Landwirte europaweit aber weniger Hilfen erhalten als bisher. Das hängt mit den gekürzten Direkthilfen zusammen.
Verloren haben auch jene Länder, die bisher stark von den sogenannten „Kohäsionsmitteln“ profitiert haben. Das sind vor allem einige osteuropäische Länder mit Ausnahme von Polen. Gegenüber dem letzten EU-Haushaltsrahmen 2007–2013 müssen hier insgesamt 23 Mrd. Euro eingespart werden. Eine der heftigsten Kürzungen muss Tschechien hinnehmen. Der Einschnitt wurde Premier Petr Nečas allerdings mit 300 Millionen Euro zusätzlich für die „ländliche Entwicklung“ versüßt.
Ein weiterer Verlierer hatte überhaupt keine Lobby im Kreis der Staats- und Regierungschefs. Es sind Drittländer, die bisher von der Entwicklungszusammenarbeit der EU profitiert haben. Diese Mittel wurden deutlich gekürzt.
Politische Sieger des Deals war neben dem britischen Premier David Cameron, der sich vehement für Kürzungen eingesetzt hatte, auch Italiens Ministerpräsident Mario Monti. Er brachte als einziger Vertreter eines Nettozahlerlandes eine Reduzierung des Nettobeitrags nach Hause.
In Zahlen
Der neue EU-Haushalt für 2014–2020 beträgt 960 Mrd. Euro. Davon sollen lediglich 908 Mrd. tatsächlich ausgegeben werden.
Eingespart wird bei der Landwirtschaft – künftig 373 Mrd. statt bisher 412 Mrd., bei der Hilfe für ärmere Regionen mit 325 Mrd. statt bisher 348 Mrd.
Erhöht werden die Ausgaben für Wettbewerbsfähigkeit von 90 auf 125 Mrd.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2013)