Wie weit soll der einheitliche Datenschutz gehen?

Verordnung. Bis Anfang des nächsten Jahres wollen EU-Kommission und EU-Parlament die Rechte der Internetnutzer deutlich verbessern.

Wien/Strassburg/Aga/Ag. Höhere und einheitliche Standards für die gesamte Union, strengere Strafen bei Datenschutzverletzungen und ein „Recht auf Vergessenwerden“ im Internet: Das sind die wesentlichen Eckpfeiler der neuen EU-Datenschutzrichtlinie, die derzeit im EU-Parlament verhandelt wird. Das von der zuständigen Justizkommission Viviane Reding im Jänner des Vorjahres vorgelegte Datenschutzpaket soll bis Ende April in den zuständigen Ausschüssen abgestimmt und Anfang 2014 verabschiedet werden. Die praktische Umsetzung nimmt dann noch einmal zwei Jahre in Anspruch.

Die neue Verordnung ist notwendig, weil das alte Datenschutzrecht aus dem Jahr 1995 stammt, als nur ein kleiner Teil der Europäer das Internet genutzt hat. Zudem setzten die Staaten die Vorgaben damals ganz unterschiedlich in ihr nationales Recht um. So kam es dazu, dass ein Nutzer heute beim Gebrauch von Internetsuchmaschinen oder sozialen Netzwerken nicht weiß, welches nationale Recht für ihn zur Anwendung kommt. Facebook beispielsweise agiert nach irischem Recht, weil die EU-Vorgaben dort besonders lasch realisiert worden sind.

Ein wichtiger Punkt der neuen Verordnung soll das bereits erwähnte „Recht auf Vergessenwerden“ im Internet sein, also die Möglichkeit, alle personenbezogenen Daten zu löschen. Hier besteht Einigkeit zwischen Kommission und Parlament. Eine andere Forderung des parlamentarischen Berichterstatters Jan Albrecht von den Grünen ist im Abgeordnetenhaus umstritten: Albrecht will im Vergleich zum Vorschlag der Kommission noch strengere Regeln für die Weitergabe personenbezogener Daten. Diese soll künftig jedesmal an die aktive Zustimmung des Konsumenten geknüpft sein. Heute verarbeiten Unternehmen das Material ohne Willensbekundung ihrer Nutzer.

„Nicht ins Extrem bringen“

Dieser Vorschlag stößt bei der Europäischen Volkspartei, der größten Fraktion im EU-Parlament, auf wenig Gegenliebe. „Wir sollten die Verordnung nicht ins Extrem hineinbringen“, meinte etwa der österreichische Abgeordnete Hubert Pirker (ÖVP) zur „Presse“. Ein aktives Abfragen hält er nur im Falle besonders sensibler Daten wie der sexuellen Orientierung für notwendig. Europaweit einheitliche Transparenz beim Datenschutz bezeichnet aber auch er für notwendig. Lange Debatten im Abgeordnetenhaus zu der Verordnung sind dennoch programmiert: Zum Vorschlag von Albrecht gibt es 380 Änderungsanträge.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2013)

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