Der designierte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker fordert mehr Frauen in seinem Team. Einen „Männerclub“ will das EU-Parlament jedenfalls nicht akzeptieren.
Wien/Brüssel. Bis Ende Juli haben die Staats- und Regierungschefs dem Vernehmen nach noch Zeit, Vorschläge für ihre nationalen Kommissare zu machen. Die österreichische Bundesregierung hat bereits vor einigen Wochen offiziell Johannes Hahn (ÖVP) für eine zweite Amtszeit in Brüssel nominiert. Noch aber ist nicht völlig sicher, ob Hahn in den kommenden fünf Jahren überhaupt Teil des 27-köpfigen Teams des künftigen Kommissionspräsidenten, Jean-Claude Juncker, sein wird.
Bundeskanzler Werner Faymann sagte Mittwochabend beim EU-Gipfel in Brüssel zwar, er gehe davon aus, dass der bisherige Regionalkommissar Hahn einen Aufgabenbereich bekomme und keine Änderungen bei der Nominierung notwendig seien. Garantien dafür gebe es allerdings keine. Der Grund: Noch haben Angaben von Diplomaten zufolge erst vier bis fünf Mitgliedstaaten eine Frau für den Kommissarsposten nominiert. Einen „Männerklub“ will das EU-Parlament, das die Zusammensetzung der Kommissare absegnen muss, aber keinesfalls akzeptieren. Eine Kommission, in der Frauen nicht angemessen vertreten seien, sei „für das Parlament nicht wählbar“, warnte der wiedergewählte Parlamentspräsident Martin Schulz. „Helfen Sie dem neuen Kommissionspräsidenten, diese Hürde zu nehmen“, appellierte er an die Mitgliedstaaten. Halten sich die EU-Länder nicht ausreichend daran, könnte Juncker jene Regierungen, die bereits einen Mann nominiert haben, auch aktiv dazu auffordern, diese Entscheidung noch einmal zu überdenken.
Vorbehalt gegen Briten Jonathan Hill
Während die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sich aber bereits klipp und klar auf den bisherigen Energiekommissar Günther Oettinger als deutschen Kandidaten festgelegt hat, ist Faymann möglicherweise verhandlungsbereit – obwohl Hahn als erfahrener Kommissar Chancen auf den Posten des Vizepräsidenten hätte.
Und noch jemand könnte Schwierigkeiten haben, seinen Vorschlag durchzusetzen: Gegen den von Britenpremier David Cameron nominierten Lord Jonathan Hill gibt es im EU-Parlament erhebliche Vorbehalte. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Hill mit seinen antieuropäischen Ansichten, sofern er sie haben sollte, im Parlament eine Mehrheit bekommt“, sagte Schulz. (ag./red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2014)