Affäre um Martin Graf: Zweifel an Gutachten und Sinn der Stiftung

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Die 90-jährige Stifterin bekräftigt ihre Vorwürfe gegen den dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (FPÖ) und will die Stiftung auflösen. Meschar fühlt sich durch die Vorstände nicht mehr gut vertreten.

Wien/Pö. Noch im September wird das Handelsgericht Wien in der Affäre um den Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (FPÖ) und die Gertrud-Meschar-Privatstiftung eine Entscheidung fällen. Das signalisierte das Gericht am Donnerstag. Der Anwalt der 90-jährigen Stifterin, Georg Zanger, hatte namens seiner Mandantin eine Ablöse des bisherigen Stiftungsvorstands gefordert. Zu diesem gehörte bis zu seinem Rückzug vor dem Sommer auch Graf: Der Jurist soll Meschar 2006 zur Gründung der Stiftung geraten und sie dabei übervorteilt haben – was er vehement bestreitet. Weitere Mitglieder sind der Wiener Bezirkspolitiker und Anwalt der FPÖ, Michael Witt, der via „Presse“ bereits ebenfalls seinen Rückzug angekündigt hat, sowie FPÖ-Gemeinderat Alfred Wansch.

Stifterin Meschar fühlt sich durch die Vorstände nicht mehr gut vertreten, sie sieht den Zweck der Stiftung (unter anderem: liquide Mittel für die beste Pflege für sie) nicht gesichert. Nun drängt sie nicht mehr nur auf eine Ablöse des Vorstands, sondern auf eine Auflösung der Stiftung, wie sie am Donnerstag gegenüber dem ORF-Radio sagte: Das Vermögen in ihrer Stiftung – ursprünglich bei einer Mio. Euro – werde „immer weniger“. Graf und seine FPÖ-Freunde hätten eher eigene Interessen mit der Stiftung verfolgt, so die Linie Meschars. Die (Ex-)Vorstände sagen das Gegenteil.

Eines von deren zentralen Argumenten ist seit gestern aber infrage gestellt: Die Arbeit des Stiftungsprüfers des Gerichts sei zweifelhaft, so Meschars Anwalt, der nun sogar eine Ablöse des Prüfers beantragt. Denn dieser habe in seinem aktuellen Bericht teils erhebliche Mängel in Buchführung und Bilanzierung der Stiftung außer Acht gelassen, sein Gutachten sei also „nichtig“, so Zanger.

Gutachter verteidigt sich

Graf und sein Team haben hingegen wiederholt argumentiert, dass eben dieses Gutachten den FPÖ-Nationalrat – in seiner (zurückgelegten) Funktion in der Stiftung – entlaste. Der Prüfer selbst steht zu seinem Bericht: So sei etwa die „Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht Gegenstand“ desselben gewesen, er habe aber dennoch gute Schlüsse aus der Buchhaltung ziehen können, zitiert ihn die Austria Presse Agentur.

Graf selbst äußert sich zurzeit nicht zur Causa. Sein Anwalt Tassilo Wallentin erklärte der „Presse“, dass die jüngsten – wie schon frühere – Vorhaltungen „nicht haltbar“ seien. Dass Zanger mit dem Gutachter nun einen unabhängigen Sachverständigen in Zweifel ziehe, nehme man „zur Kenntnis“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2012)

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