Wer alt und pflegebedürftig wird, zahlt einen hohen Preis. 80 Prozent der Pflegebedürftigen können die Pflege nicht aus eigener Tasche finanzieren. Sozialhilfe erhält nur jener, der kein Vermögen vorzuweisen hat.
WIEN/GH. „Im Schnitt sind die Menschen 85 Jahre alt, wenn sie ins Pflegeheim kommen“, sagt Christian Klein, Leiter des Bereichs Betreuung und Pflege der Caritas in der Erzdiözese Wien. Etwa 65.000 Menschen werden zur Zeit stationär betreut. 80 Prozent der Pflegebedürftigen können die Pflege nicht aus eigener Tasche finanzieren. Sie müssen einen Antrag auf Sozialhilfe stellen. Und Sozialhilfe erhält nur jener, der kein Vermögen vorzuweisen hat.
„Wir brauchen über die Erbschaftssteuer nicht diskutieren, sie liegt bei 100 Prozent“, sagt Peter Hacker, Geschäftsführer des Fonds Soziales Wien. Tatsächlich frisst die Pflege oftmals das gesamte Vermögen auf. „Das böse Erwachen gibt es dann für die Hinterbliebenen“, erzählt Klein. Wenn vom Erbe nichts mehr übrig ist. Wenn Vater Staat längst im Grundbuch steht und das Haus oder die Eigentumswohnung des Verstorbenen als Pfand für die hohen Pflegekosten herhalten muss.
Bei der Pflege hört sich die soziale Gerechtigkeit auf, kritisieren die Hilfsorganisationen. Am besten, man wird mittellos zum Pflegefall, hat sein Vermögen verprasst, in Stiftungen geparkt oder frühzeitig verschenkt. Wer sein Vermögen verschenkt, muss einige Fristen beachten. Sie sind von Bundesland zu Bundesland verschieden. In Niederösterreich sind es fünf, in Wien drei Jahre, die zwischen der Übertragung des Vermögens und dem Ansuchen um Sozialhilfe verstreichen müssen, damit der Staat keinen Zugriff mehr auf das Vermögen hat.
Wie viel darf sich der Staat nehmen? „80 Prozent der Pension“, sagt Caritas-Manager Klein. Die restlichen 20 Prozent sowie das 13. und 14. Gehalt verbleiben der pflegebedürftigen Person als Taschengeld.
Gar keine Unterstützung gibt es übrigens für Angehörige, die pflegen, kritisiert die Caritas. „Wir sind die einzige Institution in Wien, die psychosoziale Betreuung für Angehörige anbietet“, sagt Klein.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2012)