Zwei „nachgeschärfte“ Budgets: Da schießt die Opposition scharf

SPINDELEGGER / HEINISCH-HOSEK
SPINDELEGGER / HEINISCH-HOSEK(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
  • Drucken

Im Parlament fühlt sich die Opposition von Finanzminister Spindelegger für „dumm verkauft“.

Wien. Für die Nationalratspräsidenten und die Klubobleute der Parlamentsparteien ist heute, Dienstag früh, Tagwache. Nicht, weil vier lange Parlamentstage vollgepackt mit Debatten über die Budgetbegleitgesetze und die ersten beiden Budgets für 2014 und 2015 von Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) auf der Tagesordnung stehen. Es kommt nämlich auf Betreiben der Neos am heutigen Dienstag um 8 Uhr noch zu einem Sondertreffen im Rahmen einer Präsidialsitzung dazu, die von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) einberufen wird.

Der Grund dafür: Die Opposition inklusive Neos möchte kurzfristig eine Verschiebung des für Freitag dieser Woche angesetzten Budgetbeschlusses erreichen, weil Spindelegger gegenüber der EU-Kommission Nachbesserungen in Höhe zumindest mehrerer hundert Millionen Euro in Aussicht gestellt hat. Am Zeitplan im Hohen Haus wird das Aufbäumen der Oppositionsparteien freilich nichts mehr ändern. Prammer selbst sagte am Montag vor Journalisten zu den Nachjustierungen: „Ich tu's nicht skandalisieren.“ Freilich hätte auch sie sich eine „unaufgeregtere“ Vorgangsweise gewünscht, wie die Parlamentspräsidentin nicht verhehlte.

Vorwurf der „Budgetlüge“

Spätestens am Montag war der Konflikt darüber und die Interpretation, wann der Finanzminister die Abgeordneten tatsächlich unterrichtet hat, voll im Gang. Neos und Grüne fühlen sich von Spindelegger ausgetrickst, weil sie am Freitag rund um den Budgetbeschluss im Finanzauschuss vom Brief Spindeleggers erfahren haben, der lediglich auf der Homepage des Finanzressorts stand. Darin beruhigt Österreichs Finanzminister, wie berichtet, die EU-Kommission, dass durch Nachbesserungen das Budgetdefizit in Österreich geringer ausfallen werde. In das Budgetzahlenwerk, das diese Woche im Hohen Haus abgesegnet wird, findet das allerdings keinen Eingang mehr.

„Es kann nicht der Nationalrat ein falsches Budget beschließen“, wetterte die grüne Klubobfrau Eva Glawischnig. Und weiter in Richtung Spindelegger: „Bitte Vorlage eines ernsten, ehrlichen und offenen Budgets und keine Budgetlügen.“ Sie behält sich die Möglichkeit eines Misstrauensantrags vor, der allerdings gegen eine rot-schwarze Mehrheit keine Chance hat.

Die FPÖ und deren Obmann Heinz-Christian Strache machen sich die Hauptsorge, dass wegen der Einsparungen das Bundesheer unter die Räder kommt. Spindelegger bleibt nicht von Kritik verschont. Die Zusagen an die EU, noch bis zu einer Milliarde Euro nachträglich einzubringen, seien der Beleg, „dass man die vorgelegten Budgets nicht ernst nehmen kann“. Neos-Chef Matthias Strolz ortet ebenfalls eine „Budgetlüge“. Aber: „Wir lassen uns nicht für dumm verkaufen.“

Die Empörung beeindruckt SPÖ-Budgetsprecher Kai Jan Krainer wenig: „Das hören wir jedes Jahr.“ Aus der Sicht des ÖVP-Finanzministers wurden die Abgeordneten im Parlament bezüglich der Nachbesserungen weder für dumm verkauft noch am vergangenen Freitag erstmals informiert. Nach der Sitzung der Finanzminister der Euro-Gruppe am 5. Mai, bei der vor einem Risiko bei Österreichs Budgetpfad gewarnt worden sei, habe Spindelegger selbst die Abgeordneten schon im Budgetauschuss am 8. Mai über „Nachschärfungen“ informiert.

ÖVP verweist auf Parlamentsmeldung

ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka führt im Gespräch mit der „Presse“ als Beweis die Meldung der Parlamentskorrespondenz vom 8. Mai an. Tatsächlich heißt es dort: „Spindelegger will beim Budgetvollzug mit Verordnungen nachschärfen.“ Angeführt wird dann etwa die „Schließung von Steuerlücken“. Am 16. Mai sei eine weitere Ankündigung erfolgt, wofür die ÖVP nochmals die Parlamentskorrespondenz als Beleg bemüht. Diese vermeldete an dem Tag: „Spindelegger kündigt strikten Budgetvollzug an.“

Die Fortsetzung der Debatte ist ab heute im Hohen Haus garantiert: zuerst in der Sonderpräsidiale, dann bei der Debatte über die Budgetbegleitgesetze und ab Mittwoch drei Tage lang zum Budgetkonvolut. (ett)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Michael Spindelegger
Innenpolitik

Spindelegger-Milliarde schmilzt

Die nach Brüssel gemeldeten Nachbesserungen im Budget beruhen auf Hoffnungen: 450 Millionen Euro sind unsicher, vor allem die Einnahmen aus dem Strafzuschlag bei Steuerhinterziehung sind fraglich.
Leitartikel

Budgetsanierung? Nein: Steuerpolitik zum Abgewöhnen!

Die Strafgebühr für sich selbst anzeigende Steuersünder ist okay – wenn gleichzeitig das unmoralisch gefräßige Steuersystem saniert wird.
Österreich

Hypo: Kritischer Bericht unbekannt

Die Nationalbank wusste im November 2009, wie es um die Hypo stand. Das Finanzministerium will den Bericht nicht gehabt haben.
ÖVP-Finanzstaatssekretär Jochen Danninger
Politik

Spindeleggers Budgetbrief: "Die Milliarde stimmt nicht"

Staatssekretär Danninger relativiert den Brief des Finanzministers an die EU. SP-Finanzsstaatssekretärin Steßl bestreitet "Chaos" bei Budget-Nachbesserungen.
Bernhard Felderer
Politik

Fiskalrat fordert "strukturelles Nulldefizit" schon 2015

Bernhard Felderer, Vorsitzender des Fiskalrats, warnt vor Sanktionen. Derzeit erfüllt Österreich nämlich nur zwei von vier EU-Vorgaben.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.