Eine Kurdin hat in Kobane mit einem Selbstmordanschlag Dutzende Islamisten getötet. Im Internet werden sie und andere Kämpferinnen als Heldinnen gefeiert.
Wien/Kobane. Der Mistenur-Hügel, der südöstlich der syrischen Stadt Kobane liegt, war in der Nacht auf Sonntag bereits von Kämpfern des Islamischen Staates (IS) umstellt. Zwischen ihnen und den kurdischen Volksverteidigungseinheiten in Syrien (YPG) kam es zu Gefechten, die schließlich mit einer heftigen Explosion – zumindest vorzeitig – ein Ende fanden. Eine YPG-Kommandantin – Nom de Guerre: Arin Mirkan – drang Berichten zufolge in das Lager des IS ein und verübte einen Selbstmordanschlag. Offiziellen YPG-Informationen zufolge starben dabei Dutzende Islamisten.
Spätestens seit der Kampf um Kobane vor rund drei Wochen begonnen hat, ist viel zu hören über Einsatz und Mut von kurdischen Kämpferinnen. Ihre Bilder werden tausendfach im Internet verbreitet, etwa eine Aufnahme von Nasreen, die ihre zwei Kinder zurückgelassen hat, um gegen die Islamisten in den Krieg zu ziehen. Ein anderes Bild zeigt eine Mutter, die sich mit ihrem noch minderjährigen Kind verschanzt hat, um ihr Haus zu verteidigen; beide halten Gewehre in der Hand. Und erst kürzlich sagte die 19-jährige Kämpferin Ceylan Özalp einem BBC-Journalisten, dass ihre Einheit keine Angst habe vor den radikalen Islamisten.
Bevor sie vom IS gefangen genommen werden, würden sie sich lieber selbst töten. Nur kurz danach soll genau das passiert sein. Nachdem sie von den Jihadisten umzingelt wurde, habe Özalp mit der letzten verbliebenen Kugel Suizid begangen. Ihr Tod wurde bisher allerdings nicht bestätigt.
Doch kein Paradies für Jihadisten?
Schätzungen zufolge besteht ein Drittel der syrisch-kurdischen Kräfte aus Frauen, die Peschmerga haben ebenfalls mehrere Bataillone bestehend aus Kämpferinnen. Die PKK in der Türkei hat sich immer schon damit gerühmt, Frauen als gleichberechtigte Kämpferinnen anzusehen und einzusetzen. Was den IS betrifft, hat sich bei der Rekrutierung der Frauen eine Geschichte als besonders fruchtbar erwiesen: Sollten die Islamisten im Kampf von Frauen getötet werden, würden sie nicht in das Paradies kommen. Soldatinnen berichten daher von IS-Leuten, die beim Anblick einer Kämpferin augenblicklich davongerannt seien. Ob diese Geschichten der Wahrheit entsprechen, ist freilich eine andere Frage, zumal die radikalen Islamisten während ihres Vormarsches etliche (bewaffnete) Frauen getötet und versklavt haben – vor allem Nicht-Muslime.
Zudem hat der IS selbst auch Frauen bewaffnet: In Raqqa, der Islamisten-Hochburg, sollen zwei Frauen-Bataillone gegründet worden sein: Die Mitglieder müssen unverheiratet und 18 bis 25 Jahre alt sein, für ihren Einsatz sollen sie auch ein monatliches Gehalt beziehen. In einem Video, das eine Bewohnerin der syrischen Stadt für das französische Fernsehen heimlich gefilmt hat, sind voll verschleierte Frauen mit Kalaschnikows um ihren Schultern zu sehen. Letztlich schließen sich immer mehr Frauen dem Jihad an; der Fall der zwei Wiener Mädchen, die ausgerissen sind, um in Syrien zu kämpfen, ist nur ein Beispiel. In jenem heimlich gefilmten Beitrag sind etliche Frauen zu sehen, die offenbar kürzlich nach Raqqa kamen – und deren Muttersprache französisch ist. (duö)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2014)