Stefan Petzner: Haiders Sprecher wird Parteichef

Petzner
Petzner(c) Clemens Fabry
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Das BZÖ wird nun vom 27-Jährigen angeführt. Eine Kooperation mit der FPÖ schließt er vorerst aus. Andere tun das nicht.

WIEN. „Was würde ein Jörg Haider jetzt machen?“ Stefan Petzner schließt gleich die Antwort an: „Er wäre der Erste gewesen, der gesagt hätte: Lasst die Köpfe nicht hängen, tut weiter!“ Der BZÖ-Vorstand hat Stefan Petzner am Sonntag dazu auserkoren, als designierter Bündnisobmann die Partei weiterzuführen. Eine Verlegenheitslösung. Aber eine im Sinne der Kontinuität. Petzner war in den vergangenen Jahren Haiders engster Vertrauter gewesen.

Denn eines hat der geniale, aber egozentrische Politiker Jörg Haider nicht geschafft: einen Nachfolger aufzubauen. Mit potenziellen Erben – wie etwa Karl-Heinz Grasser oder Susanne Riess-Passer – überwarf er sich. Haider war in der Gewährung seiner Gunst launisch. Er entdeckte neue Talente, ließ sie nach oben steigen, an seiner Seite walten und schalten, verstieß sie dann aber auch wieder, wenn andere junge Talente nachdrängten. Mit manchen versöhnte sich Haider allerdings später auch wieder.

Zuletzt waren es zwei Politiker, die ganz oben in Haiders Gunst standen: Kärntens Landeshauptmannstellvertreter Gerhard Dörfler. Und Stefan Petzner, sein Pressesprecher, den er zum BZÖ-Generalsekretär und stellvertretenden Parteichef sowie zum Kärntner BZÖ-Obmann machte. Diese beiden treten nun auch das Erbe Jörg Haiders an – Dörfler voraussichtlich in Kärnten, Petzner im Bund.

Der erst 27-jährige Stefan Petzner, geboren in Laßnitz bei Murau (Steiermark), wurde am Sonntagnachmittag einstimmig, wie er hervorhob, zum Haider-Nachfolger nominiert. „Weil ich sein Stellvertreter und engster Vertrauter war“, sagt er. „Ich werde versuchen, den Geist Jörg Haiders weiterzutragen, so gut ich kann.“

Petzner war Obmann der Freiheitlichen Studenten an der Uni Klagenfurt, als ihn Jörg Haider 2004 als Pressesprecher engagierte. Haiders Tod ging ihm besonders nahe, immer wieder brach er während der ersten Pressekonferenz nach Haiders Unfall am Samstagvormittag in Tränen aus. Er war mein „Lebensmensch“, sagte Petzner.

Peter Westenthaler und Herbert Scheibner haben im Kärntner BZÖ, das nun auch in der Bundespartei den Ton angibt, wenig Rückhalt. Scheibner war am Sonntag bei Petzners Pressekonferenz anwesend, Westenthaler nicht. Über die Führung des Parlamentsklubs sei noch keine Entscheidung getroffen worden, sagte Petzner, Scheibner werde jedenfalls „eine sehr, sehr wichtige Rolle einnehmen“. Und Westenthaler? Und der von der FPÖ zum BZÖ gewechselte Ewald Stadler? „Sie werden ihr Mandat annehmen“, so die lakonische Antwort.

Einem Auftrag, sozusagen einem „Erbe“, will sich Petzner in den nächsten Tagen und Wochen besonders widmen. „Haider wollte jede Regierungsform, außer jene der Großen Koalition.“ Ob er dann auch eine Minderheitsregierung tolerieren würde? Nein, auch diese habe Haider nicht gewollt.

Annäherung an die FPÖ?

Gemeinsam sind wir stark, so lautete die zuletzt von Heinz-Christian Strache und Jörg Haider verfolgte Strategie. Aber hält die Zwei-Firmen-Theorie jetzt nach Haiders Tod noch? „Prinzipiell ist das eine richtige Strategie“, sagt Lothar Höbelt, „aber ohne Haider wird sich das höchstwahrscheinlich nicht spielen lassen.“ Der Zeithistoriker, ein Ex-Freiheitlicher, hat als intensiver Kenner dieses Lagers zahlreiche Publikationen dazu verfasst. „Eine vernünftige Arbeitsteilung ist möglich“, sagt Höbelt.

Die FPÖ hat am 28. September in einem hohen Ausmaß von der SPÖ Wähler abgezogen, das BZÖ von der ÖVP. Die „Zuwanderer“ zur FPÖ haben als ihre stärksten Wahlmotive „härtere Ausländerpolitik“ und „politische Erneuerung/frischer Wind“ angegeben, jene des BZÖ die „Person Jörg Haider“. Auch im Bereich „Parteiprogramm/bessere Partei“ punkteten die Orangen überdurchschnittlich hoch, bei der FPÖ spielte dieser Punkt eine untergeordnete Rolle, so eine Nachwahlanalyse von GfK Austria.

Zwei-Firmen-Theorie

Lothar Höbelt weist freilich darauf hin, dass die Zwei-Firmen-Theorie erst wenige Wochen vor der Nationalratswahl für die Freiheitlichen eine überlegenswerte Variante geworden ist. Da hätte Strache erkannt, dass Haider immer noch Menschen mobilisieren kann, dass ein weiterer Konflikt für ihn nicht mehr gefahrlos sei.

Es ist jedoch die Frage, ob die Faszination Haiders nach dessen Tod erlischt. „Bei den Freiheitlichen wird wieder die Überlegung aufkommen: Wir reden nicht mit dem BZÖ und schlucken es zum Minimalpreis“, glaubt Höbelt.

Genau davor warnt Andreas Mölzer, früher einmal Haiders Chefideologe, heute freiheitlicher EU-Abgeordneter in Brüssel (Mölzer über die Person Haider Seite 6).Noch vor wenigen Monaten sei man in der FPÖ davon ausgegangen, dass sich „der Fall BZÖ“ erledige, wenn sich Jörg Haider, aus welchem Grund auch immer, aus der Politik zurückzieht. Die dramatischen Ereignisse hätten nun aber eine neue Situation geschaffen. Mölzer spricht bereits von einer Kooperation. Die in der Vorwoche von Strache und Haider vereinbarte gemeinsame Erarbeitung eines Konjunkturpakets könnte der Anfang sein, „dem eine weitreichende Kooperation im Parlament und in Kärnten folgt“. Im BZÖ erwartet er Diadochenkämpfe – etwa im Parlamentsklub. Hier könnten die Wiener Gruppe, die Kärntner Gruppe und eine Gruppe um Ewald Stadler aneinandergeraten.

Strache: „Zur FPÖ wechseln“

Heinz-Christian Strache will sich „in einer Zeit des Schocks und der Emotionen“ nicht für eine weitergehende Kooperation aussprechen. Ähnlich wie mit dem BZÖ wolle er auch mit den Grünen über ein Konjunkturpaket reden. Man habe jetzt ein korrektes Verhältnis zum BZÖ, aber „die FPÖ ist der einzige Repräsentant des Dritten Lagers“, sagt er zur „Presse“. Gleichzeitig unterbreitet er ein Angebot, das nicht nur an das BZÖ gerichtet sein soll: „Wir laden alle vernunftbegabten Kräfte ein, zur FPÖ zu wechseln.“ Freilich sei er froh, dass er vergangene Woche mit Jörg Haider eine Aussprache gehabt habe. „Das war gut und wichtig.“

Auch Stefan Petzner wurde am Sonntag nach einer möglichen Wiedervereinigung mit der FPÖ gefragt. „Das ist aus derzeitiger Sicht kein Thema“, so der designierte Bündnisobmann, „ich glaube an das BZÖ.“ Seine Partei sei jetzt geschlossen, „wir halten zusammen“.

Zwei Parteien im Dritten Lager gab es schon einmal in der Zwischenkriegszeit, als die Großdeutschen und der Landbund ihre Politik gemeinsam abstimmten (beide wurden freilich später von den Nationalsozialisten geschluckt). Aufschluss über den Bestand des BZÖ (außerhalb Kärntens) wird in neun Monaten geliefert: Wenn mit der EU-Wahl der nächste bundesweite Wahlgang ansteht.

DAS DRITTE LAGER

Erste Epoche. Der Begriff kommt aus der Zwischenkriegszeit: Die Großdeutschen und der Landbund bildeten dieses Lager, stell- ten mit Johann Schober mehrmals den Bundeskanzler, unterstützten aber auch christlichsoziale Kanzler.

Zweite Epoche. 1949 wurde der Verband der Unabhängigen (VdU) gegründet, aus dem 1956 die FPÖ hervorging. Am 4. April 2005 spaltete sich das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) von der FPÖ ab.

(c) Die Presse / MZ

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2008)

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