Regierungs-Debatte: „Werner mutlos“ und ein Pandabär

(c) APA (Robert Jäger)
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Spott und Kritik der Opposition für Faymanns Programm. Die SPÖ setzt auf Harmonie, die ÖVP betont Unterschied zum Koalitions-Partner. Ein Geschenk für den neuen Kanzler sorgt für Heiterkeit im Nationalrat.

WIEN (red.). Weitgehende Einigung, Lesestunde, heitere Auflockerung, übliches Hickhack und Parlamentsalltag. In dieser Abfolge lief am Mittwoch der Nationalratstag ab. Oder anders gesagt: Wahl des Zweiten Präsidenten, Regierungserklärung von Bundeskanzler Faymann, eine „Bären-Einlage“ des BZÖ-Klubchefs, Angriffe der Oppositionsparteien, schließlich der „restliche“ Sitzungsverlauf.

Die neue Regierung nimmt Platz – und ebenso jene elf Abgeordneten (sieben ÖVP, vier SPÖ), die nun in den Nationalrat nachrücken und nach Sitzungseröffnung angelobt werden (Namen siehe Grafik). Wirklich neu ist nur der Klosterneuburger Weinbauer Johannes Schmuckenschlager (ÖVP), alle anderen hatten schon in der vergangenen Legislaturperiode ein Mandat inne.

Zweiter Tagesordnungspunkt: die Wahl des Zweiten Nationalratspräsidenten. Einziger Kandidat ist Beamtengewerkschafter Fritz Neugebauer (ÖVP), der für den zum Außenminister gekürten Michael Spindelegger nachrückt. Schon im Voraus loben alle Parteien die parlamentarische Erfahrung Neugebauers, der dann doch nur 124 von 162 gültigen Stimmen erhält.

„Ein gähnendes Nichts“

51 Minuten Disziplin im Plenarsaal. Die Abgeordneten blicken mehr oder weniger interessiert zum Bundeskanzler, auf der Galerie verfolgen zahlreiche Gäste, unter ihnen Bundespräsident Heinz Fischer, Werner Faymanns Regierungsrede (siehe Seite 1). Dann wird mit Heinz-Christian Strache die Debatte eröffnet. Der FPÖ-Chef pendelt von Gags über die Regierungsbildung zu heftiger Kritik am Programm. „Ein großes gähnendes Nichts, hohle Phrasen, ein schwarzes Loch, das alle Ihre Wahlversprechen geschluckt hat“, so kommentiert er Faymanns Regierungserklärung. Zudem vermisse er Fachleute an der Spitze der Ministerien, wobei es eine Ausnahme gebe: Maria Fekter sei die einzige „praxisgeprüfte Persönlichkeit“ in der Regierung.

SPÖ-Klubobmann Josef Cap nimmt den Ball sofort auf. Strache und die anderen Oppositionsredner – die freilich noch gar nicht am Wort waren – würden es sich leicht machen. Sie kritisieren nur, haben aber selbst keine Vorschläge. „Die Oppositionsparteien haben jederzeit die Möglichkeit, ihre Ideen einzubringen“, ruft ein dann doch versöhnlich gesinnter Cap den Freiheitlichen, Orangen und Grünen zu. In einem Punkt ging er dann doch auf Straches Kritik bezüglich des „SPÖ-Verrats“ – nämlich der nun nicht mehr obligaten Volksabstimmung bei EU-Verträgen – ein. Man müsse die EU-Skepsis der Österreicher ernst nehmen, sie unmittelbarer in das politische Geschehen einbinden, so der SPÖ- Klubchef. Eine konkrete Aussage zum Gusenbauer/Faymann-Brief an die „Krone“ vermeidet er aber.

Aus dem Regierungsprogramm hebt Cap die Notwendigkeit weiterer Konjunkturpakete, die Sicherung der Pensionen und die Investitionen in den Bildungssektor hervor. Und dann noch einmal die Mahnung an die Opposition: „Man darf nicht nur am Klavier von Emotionen, Vorurteilen und Ängsten spielen.“

Pröll: „Ein Gebot der Stunde“

Im Gegensatz zu Faymann und Cap, die die Harmonie in der Regierung hervorhoben, betonen die ÖVP-Redner auch die Unterschiede zum Koalitionspartner. Vizekanzler Josef Pröll verweist sehr wohl auf die unterschiedliche Ideologie der beiden Regierungsparteien, aber jetzt, in einer schwierigen Zeit, sei die gemeinsame Verantwortung ein Gebot der Stunde. Als Finanzminister werde er, Pröll, bei der Steuerreform auf die Entlastung der Familien, Unternehmer und Leistungsträger achten. Außerdem betonte er, dass für ihn der Klimaschutz trotz Wirtschaftskrise Priorität haben werde.

ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf hielt an diesem Mittwoch seine Jungfernrede: Rot-Schwarz sei zwar nicht immer der Weisheit letzter Schluss, aber „diese Koalition ist eine Koalition der praktischen Vernunft“. Die ÖVP wolle in der neuen Regierungsperiode auch mit der Opposition zusammenarbeiten, er selbst wolle demnächst Gespräche über den Ausbau der Minderheitenrechte aufnehmen.

Lachsalven löst danach BZÖ- Klubobmann Josef Bucher gleich am Beginn aus. Er nimmt einen putzigen Stoffpandabären mit, redet vom neuen Kuschelkurs der Koalitionspartner und überreicht Faymann sein Präsent mit den Worten: „Der Koalabär ist für Sie.“ Erst allgemeines Hohngelächter veranlasst ihn zur Korrektur: Natürlich sei es ein Pandabär, aber „wir haben ja keinen Biologieunterricht hier“.

Faymann habe eine Stunde lang nichts Konkretes gesagt, so kritisiert Bucher die Regierungserklärung. Am paktierten Arbeitsprogramm falle wiederum auf, dass die Regierung keine Antworten weiß und deshalb in 75 Fällen Arbeitsgruppen und Sonderkommissionen eingerichtet werden sollen. Ähnlich fällt übrigens der Kommentar der Grünen-Chefin Eva Glawischnig aus: Die Regierungserklärung sei „visionslos, mutlos und reformschwach“, das Programm könnte daher den Titel „Werner mutlos“ tragen. Zudem kritisiert Glawischnig, dass der neue Bundeskanzler die bisherige Justizministerin Maria Berger (SPÖ) „entsorgt“ habe.

Thema Arbeitslosigkeit

Schließlich melden sich auch die neuen und zum Teil alten Minister zu Wort. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) verteidigt die Sozialpartnerschaft, die nun in der Regierung durch ihn und Rudolf Hundstorfer (SPÖ) sichtbar sei. Sozialminister Hundstorfer rechnet mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit, er wolle aber keinen Jugendlichen auf der Straße stehen lassen. Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) will unter anderem den Lehrerberuf bis 2013 zu einem hoch angesehenen Beruf machen.

Diskussionen löste Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) aus, die auf ein Asyl-Erstaufnahmezentrum im Süden bestand. „Wagen Sie es nicht, im Süden ein zweites Traiskirchen zu errichten“, konterte da BZÖ-Mann Stefan Petzner.

Nach der Debatte um die Regierungserklärung wurde das neue Ministeriengesetz eingebracht. Dies sieht unter anderem vor, dass der Bereich Arbeit vom Wirtschafts- in das Sozialministerium wandert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.12.2008)

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