Darabos: „Grenzeinsatz wird auslaufen müssen“

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Verteidigungs-Minister Darabos wäre es „nicht so unrecht“, wenn er das Geld für den Assistenz-Einsatz anders verwenden könnte. Das Heeres-Budget hält er für ausreichend.

Die Presse: Der stellvertretende Generalstabschef sagt, wenn es nicht deutlich mehr Geld gibt, stirbt die Armee. Lassen Sie sie sterben?

Norbert Darabos: Das sehe ich nicht so. Ich bin der Meinung, dass ich ein Budget herausverhandelt habe, das für den positiven Weiterbestand des österreichischen Bundesheeres geeignet ist. Das Heer hat ein Budget, das über dem der vergangenen Jahre liegt, und damit können wir unsere Leistungen auch erbringen.

Also alles eitel Wonne?

Darabos: Eitel Wonne ist übertrieben, ich hätte gerne noch ein bisschen mehr Geld gehabt, um die Bundesheerreform zügig voranzutreiben. Ich sehe aber ein, dass in Zeiten von Wirtschafts- und Finanzkrise alle Ressorts den Gürtel enger schnallen müssen. Wir werden schauen müssen, wofür wir das Geld ausgeben, und da erwarte ich mir von den Offizieren des Generalstabs klare Vorschläge. Gewisse Beschaffungsvorgänge kann man durchaus über längere Zeiträume tätigen. Aber im Bereich der Sanierung von Kasernen bin ich der Meinung, dass das Bauprogramm mit Nachdruck umgesetzt werden muss.


Die Bundesheer-Reformkommission hat gesagt, für die Reform sind ein Budget von einem Prozent des BIP und eine Milliarde Euro Anschubfinanzierung notwendig. Die Milliarde gibt es überhaupt nicht und das Budget liegt bei 0,7 Prozent des BIP.

Darabos: Es ist richtig, dass wir das eine Prozent des BIP nicht erreichen werden – wobei, wenn das BIP sinkt, könnten wir uns durchaus auch annähern. Das zeigt, dass die Ein-Prozent-Marke vorwiegend Symbolcharakter hat. Bei der Anschubfinanzierung ist es tatsächlich so, dass wir viele Kasernenneubauten und Renovierungen nur realisieren können, wenn wir genügend Geld in diese Anschubfinanzierung pumpen. Aber es gibt alternative Finanzierungsformen über die Bundesimmobiliengesellschaft, es gibt die Möglichkeit, unsere Verkaufsvorhaben bei Kasernen zu beschleunigen. Es braucht sich keiner sorgen, dass wir die Bundesheerreform nicht umsetzen können.


Aber es bleibt dabei: Sie haben nicht das Geld, das Sie eigentlich brauchen.

Darabos: Ich bin ein Gegner dieses Krankjammerns. Wir haben in meiner Amtszeit 500 Millionen Euro in Beschaffungsvorgänge investiert. In Schilling umgerechnet sind das sieben Milliarden.

Das mag schon sein. Aber hohe Offiziere sagen, dass gleichzeitig aus Spargründen die Übungen so sehr zurückgeschraubt wurden, dass das Heer dabei ist, seine Kernkompetenzen zu verlieren.

Darabos: Jeder Bereich muss auf die Ausgaben schauen. Wir haben im Übungsbereich natürlich auch einige Umstrukturierungen durchzuführen gehabt. Aber der Generalstab sagt mir, wir können das Übungswesen in dem Maß aufrechterhalten, das das Bundesheer für den Eventualfall einer Krise braucht. Ich sehe dieses Defizit an Ausbildung nicht, ganz im Gegenteil. Das ist immer eine Glaubensfrage. Offiziere, die sehr motiviert sind, hätten gerne mehr, das ist richtig. Es gibt da auch Gespräche mit mir. Aber ich habe immer das Gefühl, dass da auch über das Ziel hinausgeschossen wird, um in der militärischen Sprache zu bleiben.


Die Übungen sind auch wegen des Grenzeinsatzes zurückgefahren. Soll es den weiter geben?

Darabos: Der ist jetzt bis 31.12. dieses Jahres fixiert. Ich halte ihn für wichtig, ich wohne selbst 300 Meter von der Grenze entfernt. Und entgegen so mancher veröffentlichter Meinung im urbanen Bereich sehe ich bei den Betroffenen eine hohe Akzeptanz. Mit der Frau Innenminister ist vereinbart, dass es bis Mitte des Jahres eine Evaluierung geben wird. Dann werden wir entscheiden, ob der 31. 12. das Ende ist.


Was würden Sie persönlich sich wünschen?

Darabos: Ich bin der Meinung, dass der Einsatz derzeit Sinn macht. Mir ist aber auch klar, dass er in der nächsten Zeit wird auslaufen müssen. Wir werden jetzt evaluieren, ich erwarte dann den Vorschlag der Frau Innenminister. Sie muss für sich entscheiden, ob sie unsere Assistenz noch benötigt. Ich gebe aber offen zu, dass es mir aufgrund der budgetären Situation nicht so unrecht wäre, wenn das beendet werden könnte. Dann könnte man Geld in andere Bereiche umschichten.


Eine weitere Baustelle in ihrem Ressort ist die Miliz, die ja jetzt auf Freiwilligkeit beruht. Milizoffiziere sagen, es gibt so wenig Meldungen, dass die Miliz bald tot sein wird.

Darabos: Nein, es melden sich doch genug Leute freiwillig...

Aber hauptsächlich Offiziere...

Darabos: Ja, aber wir sind bei der Miliz auf einem guten Weg. So könnten wir unsere Ausländseinsätze ohne Miliz nicht in der jetzt üblichen Qualität durchführen.

Jetzt können Sie es noch, in ein paar Jahren wird das ohne Nachwuchs nicht mehr gehen.

Darabos: Die Zahlen sind nicht so alarmierend, dass man sagen kann, es meldet sich niemand zur Miliz. Ich bin aber auch nicht bereit, dass wir zwangsverpflichten, was ich laut Gesetz könnte. Das halte ich für keine sinnvolle Maßnahme. Ich glaube, dass man die Freiwilligkeit in der Miliz attraktivieren muss. Und da gibt es schon einige Dinge.

Wie viele melden sich tatsächlich freiwillig?

Darabos: Ich habe jetzt die aktuellen Zahlen nicht parat, aber ich habe vor zwei Wochen mit General Entacher (dem Chef des Generalstabs, Anm.) gesprochen, und er sagt, es reicht noch aus.

Aufgrund der Umstrukturierung des Heeres haben jetzt rund 2000 Bedienstete keinen adäquaten Job. Die Zahl wird noch steigen. Wird es für die Leute eine Frühpensionierungsaktion geben?

Darabos: Wir haben im Rahmen der Bundesheerreform ein Signal gesetzt, das lautet: In der Zentralstelle sind statt 1200 Beschäftigten nur noch 900.

Die anderen 300 sitzen aber immer noch da.

Darabos: Das ist richtig, die Posten können erst mit der Zeit abgebaut werden. Aber es ist ein Signal in Richtung Verschlankung, kein anderes Ministerium hat ein derartiges Signal gesetzt. Zwangspensionierungen wird es keine geben, aber es gibt natürlich Anreizmodelle. Wir müssen auf den natürlichen Abgang bauen. Es macht mir als Sozialdemokrat durchaus zu schaffen, wenn Menschen keine adäquate Beschäftigung haben. Aber es gibt keine andere Möglichkeit. Ich entlasse keine Menschen, sie verlieren nichts an Gehalt.


Ein Blick über den österreichischen Tellerrand: Frankreich wendet sich wieder mehr der Nato zu. Ist damit nicht die europäische Verteidigungspolitik, auf die Österreich setzt, gestorben?

Darabos: Nein, das sehe ich nicht so. Es gibt verschiedene Projekte, wie die European Defence Agency, die gemeinsame europäische Projekte betreut, es gibt die EU-Friedenseinsätze, die Battle-Groups. Für uns ändert sich nichts, es gibt keine neue Qualität in der Verteidigungspolitik.

ZUR PERSON

Norbert Darabos ist seit 2007 Verteidigungsminister, in der neuen Regierung bekam er auch noch die Sportagenden dazu. Im Bundesheer ist er mit heftiger Kritik konfrontiert: Zu wenig Geld für die Umsetzung der Heeresreform, der unnötige Assistenzeinsatz an der Grenze, der schlechte bauliche Zustand der Kasernen und das Sparen bei den Übungen sorgen für Unmut. Bei den Budgetverhandlungen bekam Darabos rund 2,2 Mrd. Euro – 100 Millionen mehr als im Vorjahr, aber weniger als von ihm selbst gewünscht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2009)

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