Bundesheer: Duell zweier Alphatiere

'EUROPEAN ADVANCE 2013' (EURAD13):  OTHMAR COMMENDA / GERALD KLUG
'EUROPEAN ADVANCE 2013' (EURAD13): OTHMAR COMMENDA / GERALD KLUGAPA/HANS KLAUS TECHT
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Verteidigungsminister Gerald Klug zieht mehr Kompetenzen direkt an sich. Die Strukturreform dient aber auch dazu, die Macht von Generalstabschef Commenda zu reduzieren.

Wien. Der Hintergrund der Strukturreform im Verteidigungsministerium, die Ressortchef Gerald Klug am Mittwoch öffentlich gemacht hat, ist klar erkennbar: Der Minister beschneidet die Macht des Generalstabschefs – und erweitert seinen eigenen Einflussbereich. Der Generalstabschef hat in Österreich eine ungewöhnlich starke Position: Formal ist er ein Sektionschef, dem aber gleich drei Sektionen – jede mit eigenem Sektionschef – unterstehen. An dieser Konstruktion wird sich nichts ändern, wohl aber verliert der Generalstabschef drei Führungsinstrumente: Budgeterstellung, Kontrolle und Personalführung. Damit bleibt er nur noch für rein militärische Belange wie Planung, Militärstrategie, Logistik, Einsatz und Ausbildung zuständig.

Absolut ungewöhnlich ist aber, wie der Minister nun die Aufgaben verteilt. Während die Personalführung in die „zivile“ Sektion1 wandert, die auch schon bisher für Personalangelegenheiten zuständig war, holt sich der Minister die Aufgaben für Budget und Kontrolle direkt ins Ministerkabinett. Sie werden vorerst der jetzt schon dort angesiedelten Abteilung Revision zugeschlagen. Rund 60 Mitarbeiter kommen damit zusätzlich ins Ministerkabinett.

Im Vorfeld dieser Strukturreform hatte es zwei Varianten gegeben. Die eine hatte der Generalstab ausgearbeitet, die andere die Sektion1. Dass sich der Minister für Zweiteres entschieden hat, ist wohl kein Zufall: Das Verhältnis zwischen dem Minister und seinem wichtigsten Beamten, Othmar Commenda, gilt schon seit Längerem als gestört. Als „zwei Alphatiere, die sich sehr ähnlich sind“ werden die beiden intern beschrieben. Commenda, der öffentlich noch nie ein schlechtes Wort über den Minister verloren hat, hat intern keine Hemmungen, dem Minister zu widersprechen. Das soll schon des Öfteren in Schreiduelle ausgeartet sein, was vom Minister nicht goutiert wurde.

Den Generalstabschef abzusetzen ist allerdings nicht so einfach, wie man spätestens seit seinem Vorgänger weiß: Edmund Entacher war bei Minister Norbert Darabos in Ungnade gefallen, weil er sich gegen den Berufsheer-Kurs gewandt hatte. Gegen seine Absetzung hat sich Entacher mit den Mitteln des Dienstrechts erfolgreich gewehrt.

Da ist es schon leichter, die Organisationsstruktur zu ändern. Wobei es dafür durchaus auch gute Gründe gibt. Lob kommt von einem, der bisher eher als Klug-Kritiker aufgefallen ist: Michael Schaffer, Präsident des Milizverbandes und im Zivilberuf Personalchef der Salzburg AG, hält es „aus der Ferne betrachtet“ für eine sinnvolle Strukturreform, das Budget und Personal vom militärischen Bereich zu trennen. Das gebe die Chance, Expertise in dem Bereich aufzubauen.

Stärkung der Nichtmilitärs

Aus dem Bundesheer selbst hört man kritische Stimmen: Die Nichtmilitärs seien mit dieser Maßnahme gestärkt worden. Und die Eingliederung von Abteilungen in das Ministerkabinett komme dem Minister selbst zugute. Nicht nur, weil er dort Führungspositionen ohne vorhergehende Ausschreibung selbst besetzen kann. Sondern weil vom Militär auch nicht mehr der Vorschlag kommen kann, im Zuge der drastischen Budgetkürzungen auch das Inseratenbudget anzugreifen. Das Verteidigungsressort hat, wie andere SPÖ-Ressorts auch, recht hohe Aufwendungen für Inserate in Boulevardmedien.

Für Gerald Klug ist die Strukturreform eine Chance, wieder politischen Handlungsspielraum zu gewinnen. Der aus der Steiermark kommende Minister hat von den dortigen Umwälzungen nach der Landtagswahl nicht profitiert – im Gegenteil: Eine Rückkehr als Parteichef oder gar Landeshauptmann ist deutlich unwahrscheinlicher geworden. Daher muss er verstärkt politische Erfolge auf Bundesebene vorweisen.

Reformen beim Bundesheer könnten da helfen, wenn beispielsweise der Personalstand tatsächlich gesenkt wird. Die Kürzung von knapp unter 1000 auf 660 im Ministerium gibt es derzeit aber nur auf dem Papier. Denn die Beamten gibt es ja weiter – künftig eben in nachgeordneten Dienststellen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2015)

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