SPÖ: "Wien-Wahl wird nicht vorgezogen"

Siegfried Lindenmayr
Siegfried Lindenmayr(c) Michaela Bruckberger
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Der neue SP-Klubchef Siegfried Lindenmayr spricht im "Presse"-Interview über Mobilisierungsprobleme und den Kampf gegen die FPÖ. Bei der Wahl 2010 kämpft die Wiener SP um Stimmen von Hans-Peter Martin.

Die Presse: Die EU-Wahl war für die SP ein Fiasko. Rote Hochburgen, die Wiener Arbeiterbezirke wie Simmering, haben völlig ausgelassen. Warum?

Siegi Lindenmayr: Die haben ausgelassen, weil wir ihnen zu wenig erklärt haben, wie wichtig Europa ist. Es gab sicher zu wenig Kommunikation.

Wieso hat der Wahlkampf in den Arbeiterbezirken, wo die SP-Organisationsstruktur besonders gut ist, überhaupt nicht funktioniert?

Lindenmayr: Die Menschen wollten uns einen Denkzettel verpassen, aber nicht diese grausliche FPÖ wählen. Sie haben daher Hans-Peter Martin gewählt. In eineinhalb Jahren werden die Karten (bei der Wien-Wahl 2010, Anm.) neu gemischt. Ich gehe davon aus, dass Martin nicht in Wien kandidiert. Diese Wähler und die Nichtwähler sind unsere große Chance, die wir nützen werden.

Das waren Protestwähler. Die werden 2010 nicht zur regierenden Wiener SP gehen, sondern zur FPÖ.

Lindenmayr: Der Protest war gegen das ferne Brüssel, gegen die Bürokraten. In Wien habe ich etwas Fassbares: den Bürgermeister, die Parks, das Wiener Wasser. Ich glaube nicht, dass die Menschen einen Grund haben, dagegen zu protestieren. Daher werden sie in eineinhalb Jahren etwas anderes als bei der EU-Wahl wählen; nämlich uns.

Wieso sind Sie so optimistisch? EU-Spitzenkandidat Swoboda ist Wiener; Kanzler Faymann ebenfalls; und trotzdem dieses Fiasko in Wien. Wieso hat die Wiener SPÖ ein Mobilisierungsproblem, selbst wenn eigene Leute vorne stehen?

Lindenmayr: Werner Faymann ist ja nicht zur Wahl gestanden.

Aber er hat sich auch in den Wahlkampf eingeschaltet.

Lindenmayr: Aber er war nicht auf den Plakaten. Hannes Swoboda konnte als Person auch nicht das Thema wettmachen, das alles überlagert hat: die fernen Bürokraten in Brüssel.

Die FP hat am Montag den Startschuss für den Kampf um den Gemeindebau gegeben. Wie reagiert die Wiener SP auf den kommenden Anti-Ausländer-Wahlkampf?

Lindenmayr: Man muss die Spielregeln in der Stadt („Wiener Hausordnung“, Anm.) wieder in Erinnerung rufen. Das haben wir begonnen. Außerdem löst die Wirtschaftskrise bei vielen Angst aus. Diese Ängste muss man den Menschen nehmen. Wir haben zusätzliches Geld für die Arbeitsplätze in die Hand genommen und werden auch in den Sozialbereich investieren. Die Wiener werden merken, dass wir die Stadt nicht nur gut verwalten, sondern als Einzige auch Pläne für die Zukunft haben. Was bietet Strache? Nur Freibier? Und die ÖVP? Johannes Hahn (Wiens VP-Chef) kann sich vorstellen, Strache zum Wiener Bürgermeister zu wählen. Und die Grünen würden dabei sein, wenn es nur gegen das rote Wien geht.

Die Grünen? Mit der FPÖ?

Lindenmayr: Sicher. Das Bündnis würde zwar nicht lange halten. Aber sie wären dabei, wenn es darum geht, einen roten Bürgermeister abzuwählen.

Um das zu verhindern, müsste die SPÖ 2010 die absolute SP-Mehrheit verteidigen. Ist das nach der EU-Wahl nicht völlig unrealistisch?

Lindenmayr: Nein. Es fehlen uns zwei bis drei Prozent. Die Menschen unterscheiden zwischen EU-und Gemeinderatswahlen.

Wird die Wien-Wahl vom Oktober auf das Frühjahr 2010 vorgezogen, wie es Häupl angedeutet hat?

Lindenmayr: Ich bin gegen eine Vorverlegung der Wien-Wahl. Es gibt aus heutiger Sicht keinen wirklich vernünftigen Grund für eine Vorverlegung.

Falls die SPÖ 2010 auf einen Koalitionspartner angewiesen ist: Wem steht die Wiener SP derzeit näher: der ÖVP oder den Grünen?

Lindenmayr: Beiden genau gleich.

Nebenbei: Ihre Wahl zum SP-Klubchef kam überraschend, weil Tanja Wehsely, die Schwester der Gesundheitsstadträtin, laut Gerüchten für diesen Posten vorgesehen war. Eine Niederlage für die Frauen?

Lindenmayr: Nein. Wir haben in der Stadtregierung 50Prozent Frauen. Aber es ist gut, so große Personalreserven zu haben.

ZUR PERSON

Siegi Lindenmayr ist seit 31.März neuer Klubchef der Wiener SPÖ. Der am 12.3.1956 in Wien geborene Politiker war zuvor Vizebezirkschef in Wien-Alsergrund und Vize-Klubdirektor im SP-Klub. Der Landtagsabgeordnete folgt Christian Oxonitsch nach, der Stadtrat für Bildung, Jugend, Sport wurde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.06.2009)

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