Grüne: Und wieder fällt ein Bezirk

Gruene wieder faellt Bezirk
Gruene wieder faellt Bezirk(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Die Krisenfeuerwehr der Grünen fährt von Bezirk zu Bezirk: In Mariahilf treten zwei Grün-Fraktionen an. Bitter für Maria Vassilakou, die hier siegen wollte. Nach der Josefstadt ist das bereits der zweite Konflikt.

WIEN. Nein, Maria Vassilakou hat keine besonders gute Laune. Vielleicht weil gerade die langjährige Klubchefin der Wiener Grünen schon so viel Zeit ihrer politischen Laufbahn in Sitzungen mit den verschiedensten Bezirksgruppen verbracht hat. In zwei Fällen aber ohne Erfolg: Nach der Josefstadt gibt es nun auch im sechsten Bezirk einen offenen Konflikt und sogar eine Parteispaltung, was vor allem in der Wahlkampfzentrale der SPÖ mit kaum verhohlener Begeisterung aufgenommen wurde.

Mariahilf, das auf Bezirksebene mit Renate Kaufmann eine prononcierte Linke innerhalb der SPÖ führt, ist für die Grünen von enormer Bedeutung: Bei der EU-Wahl und der vergangenen Nationalratswahl wählte der Bezirk mehrheitlich grün. Das dürfte bei der Landtagswahl nun bedeutend schwieriger werden: Es treten zwei Grün-Fraktionen an. Einerseits die abgespaltene, acht Personen umfassende Gruppe mit dem Vorsitzenden Manfred Rakousky unter dem Listennamen „Echt Grün – Die Mariahilfer Alternative“. Anderseits die originalen Grünen mit Gemeinderätin Susanne Jerusalem.

Die langjährige Kommunalpolitikern hatte den Streit ausgelöst: Um die Bezirksgruppe, deren Erfolge bisher eher bescheiden waren, zu einem Sieg zu führen, hatte die bekanntere Jerusalem – natürlich mit Unterstützung Vassilakous – als Spitzenkandidatin bei den internen Wahlen kandidiert und gewonnen – ohne im Bezirk verankert zu sein. Die ausgebooteten Alt-Bezirksräte sahen einen „Putsch“ der Landespartei und reagierten nun.

Nun machten sie ihre Drohung wahr, für einen ähnlichen medialen Eklat wie in der Josefstadt zu sorgen, sollte ihre Rückkehr nicht ermöglicht werden. Der Neo-„Echt Grün“-Chef bestätigt: „Es gab bis gestern Verhandlungen mit den Gruppen und dem Landesvorstand über einen Kompromiss. Ohne Erfolg.“

Die Abspaltung sieht keine Möglichkeit einer Wiedervereinigung in naher Zukunft („Jetzt ist die Mauer so hoch, dass sie für uns unüberwindbar ist.“), will sich aber eine Hintertür offen lassen: Falls ein faires Angebot komme – „jetzt oder nach der Wahl“ – könne man durchaus darüber nachdenken. Rakousky war bei der Bezirkslistenerstellung Jerusalems als einziger Gegenkandidat mit zwölf zu 32 für Jerusalem klar unterlegen.

Im achten Bezirk klang der Fall ähnlich, hatte aber auch persönliche Gründe: Dort warf Spitzenkandidat Heribert Rahdjian, dem es 2005 gelungen war, die traditionell bürgerliche Josefstadt zu gewinnen und Bezirksvorsteher zu werden, das Handtuch, nachdem ihn eine Gruppe vom linken Flügel erfolgreich zermürbt hatte. Als Kompromisskandidat wurde mit Alexander Spritzendorfer ein Externer geholt.

Vassilakou sagt zu alledem nur, dass es bei den Grünen weder Allein-Entscheidungen noch ein Durchgriffsrecht der Parteizentrale gebe. Dass die Bezirke wahre politische Mikrokosmen seien. Und dass es von 23 Bezirksgruppen in 21 ruhig sei. Aber sie sagt nicht, dass von drei Bezirken mit guten Chancen auf Platz eins nun zwei zu echten Problemzonen für sie geworden sind.

Der siebente Bezirk könnte nach der Wahl die letzte Grünen-Bastion werden: Dort tritt Thomas Blimlinger zum dritten Mal als Spitzenkandidat an, den Job als Bezirksvorsteher verteidigte er bereits einmal.

Das sollte ihm noch einmal gelingen. Allerdings zeigen die Josefstadt und Mariahilf: Bei den Grünen geht immer was.

Auf einen Blick

Die Grünen sind in Mariahilf zweitstärkste Partei. 2005 kamen sie auf 29 Prozent. Stärkste Partei im sechsten Bezirk ist die SPÖ mit 35,6 Prozent. Sie stellt mit Renate Kaufmann auch die Bezirksvorsteherin. Die ÖVP erreichte zuletzt 25,4, die FPÖ hält bei 7,3 Prozent. Im Nachbarbezirk Neubau stellen die Grünen mit Thomas Blimlinger ebenso den Bezirksvorsteher wie (noch) mit Heribert Rahdjian in der Josefstadt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2010)

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