SPÖ schließt Christa Kranzl aus

(c) Michaela Bruckberger
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Die Ex-Staatssekretärin stieß wiederholt das Partei-Establishment vor den Kopf, 2007 im Interview: "Ich bin keine Marionette, sondern eine eigenständige Frau und werde mir keinen Maulkorb umhängen lassen."

Mit Alfred Gusenbauer ging sie einst in die Schule. Er machte die Niederösterreicherin 2007 zur Staatssekretärin. Gestern, Montag, wurde sie aus der SPÖ ausgeschlossen. Ihre Mitgliedschaft sei aufgrund mehrfacher Verstöße gegen das Parteistatut erloschen, heißt es im Schreiben des niederösterreichischen Landesparteivorstands. Kranzl ist empört und will nun das Landesschiedsgericht anrufen und die Causa „bis in die letzte Instanz durchjudizieren“.

Die Aufmüpfige

Bei den Gemeinderatswahlen im März hat die Sozialdemokratin mit der „Liste Christa Kranzl und Unabhängige“ in ihrem Heimatort Persenbeug-Gottsdorf kandidiert und vier Mandate erreicht. Die SPÖ büßte zwar zwei Sitze ein, behauptete aber dennoch die absolute Mehrheit. Als Dissidentin sah sich Kranzl dennoch nie: Eigentlich habe sie mit der Orts-SPÖ gemeinsame Sache machen wollen, doch von dort gab es keine Gesprächsbereitschaft, sagt sie zur „Presse“. Ihr Arbeitsprogramm sei mit den Zielen der SPÖ absolut übereinstimmend gewesen.

Eines kann man der Politikerin wirklich nicht vorwerfen: Unauffällig war Kranzl nie. Und Konfrontationen scheute sie auch nicht. Als Landesrätin legte sie sich mit dem Glücksspielgerätehersteller Novomatic an, als Forschungs-Staatssekretärin widersprach sie sogar ihrem damaligen Ressortminister (bei der Umstrukturierung von Seibersdorf). Das war allerdings zufällig Werner Faymann, seinerzeit noch Verkehrs- und Infrastrukturminister. 2008 schied Kranzl – enttäuscht über ihre Reihung auf der Nationalratswahlliste – aus der Bundespolitik aus, nur um wenig später wieder aufzutauchen. Eine Internet-Initiative – vor allem aus niederösterreichischen Sozialdemokraten bestehend – hatte sich für ihren Verbleib in der Bundesregierung eingesetzt. Doch der nunmehrige Kanzler Faymann hatte kein gesteigertes Interesse mehr an einer Zusammenarbeit mit der „Gusenbauer-Frau“.

Bis dahin gefiel sich Kranzl in der Rolle der Unbeugsamen: „Ich bin keine Marionette, sondern eine eigenständige Frau und werde mir keinen Maulkorb umhängen lassen“, sagte sie 2007 im „Presse“-Interview. Und: „Frau kritisiert Mann, das wird noch immer als ungewöhnlich betrachtet.“ Aber auch mit einer Frau gab es Krach: Heidemaria Onodi, die zurückhaltende damalige SPÖ-Niederösterreich-Chefin, und die unorthodoxe Kranzl sollen einander nie wirklich grün gewesen sein.

Abseits des politischen Lebens gründete Kranzl 1991 mit ihrem Ehemann einen Tischlereibetrieb. Ihrem Heimatort, in dem sie jahrelang Vizebürgermeisterin war, blieb die 50-Jährige stets treu. Selbst als Bundespolitikerin pendelte sie abends heim. Mittlerweile hat die Umtriebige eine Unternehmensberatung gegründet, mit der sie Firmen im „Förderdschungel“ berät. Im Parteidschungel hingegen scheint sie sich nie wirklich gut ausgekannt zu haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2010)

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