NGO's forderten am Montag einen Abschiebestopp und eine "Generallösung für Altfälle". Die Gesetzgebung kritisierten sie als "verwirrend", die Handhabung als "sehr restriktiv": "Betroffene werden im Kreis geschickt."
NGOs haben erneut heftige Kritik an der praktischen Handhabung des Bleiberechts geübt: "Gute Integration zählt am wenigsten", so die Sprecherin der "Plattform der Bürgerinitiativen für gut integrierte AsylwerberInnen", erklärte die oberösterreichische Landtagsabgeordnete Gertraud Jahn (SPÖ) am Montag in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Vertretern von Volkshilfe und SOS-Menschenrechte sowie Asyl-Anwalt Helmut Blum.
In Oberösterreich sei heuer in zehn Fällen humanitäres Bleiberecht zuerkannt worden, österreichweit in 49, berichtete Jahn. Beispielsweise in Wien stünden neun positiv erledigten Fällen 48 eingestellte Verfahren gegenüber. Das bedeute in der Regel, dass die Betroffenen in der Zwischenzeit abgeschoben wurden.
Betroffene "werden im Kreis geschickt"
Dass das Niederlassungsverfahren keine aufschiebende Wirkung hinsichtlich der Rückführung habe, empört alle NGOs. Die Gesetzgebung sei insgesamt viel zu verwirrend, so die Kritik, viele Betroffene würden im Kreis geschickt. "Man bekommt keine Arbeitsbewilligung ohne Aufenthaltstitel und keinen Aufenthalt ohne Arbeit", beschrieb Jahn das Dilemma vieler gut integrierter Asylwerber. "Die Familien Komani oder Lakota stehen exemplarisch für viele andere."
Die praktische Handhabung von Niederlassungsbewilligungen sei "sehr restriktiv", findet Anwalt Blum. "Fällt der erstinstanzliche Bescheid negativ aus, werden ab diesem Zeitpunkt Integrationsschritte oft nicht mehr anerkannt, weil die Betroffenen ja wissen hätten müssen, dass sie nicht bleiben dürfen", erklärte er.
"Generallösung für Altfälle gefordert"
Blum verlangte eine Gesetzesänderung und eine "Generallösung" für Altfälle. "Generalamnestie will ich nicht sagen, weil das ist was für Straftäter." Da der Asylgerichtshof diese Causen bis Ende 2010 abarbeiten wolle, werde es ohnehin bald keine Altfälle mehr geben.
Als Altfälle gelten all jene, die vor Mai 2004 nach Österreich gekommen sind. Das sei eine "kleine, begrenzte und überschaubare Gruppe" von österreichweit 1.000 bis 1.500 Leuten, schätzt Jahn. Dem stünden jährlich 7.000 Arbeitskräfte gegenüber, die von der Wirtschaft aus neuen EU-Staaten nach Österreich geholt würden - "ohne in irgendein Kontingent zu fallen".
Die NGOs fordern, dass keine Minderjährigen mehr in Schubhaft genommen werden und dass in jedem Bundesland eine Kommission - bestehend aus Vertretern des Innenministeriums, der Länder und der NGOs - eingesetzt wird, die "die Entscheidung komplett übertragen bekommt", so Christian Schörkhuber von der Volkshilfe-Flüchtlingsbetreuung.
Außerdem verlange man einen sofortigen Abschiebestopp. Der Spruch "Recht muss Recht bleiben", könne nicht gelten, wenn das Gesetz selbst mangelhaft sei, kritisierte SOS-Menschenrechte-Geschäftsführer Christian Cakl. Es gebe Leute, die jahrelang auf einen Bescheid warten würden. "Das geht bei einer Baubewilligung auch nicht."
"Kinder gehören nicht ins Gefängnis"
Die vor vier Tagen gestartete Petition "Kinder gehören nicht ins Gefängnis" hätten bereits mehr als 40.000 Leute unterzeichnet, berichtete Schörkhuber. "Das sind 10.000 pro Tag", für Montag rechne er mit dem Erreichen der 50.000er-Marke.
(APA)