Schule: Schmied will Sitzenbleiben abschaffen

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Die Unterrichtsministerin will ab 2012 in höheren Schulen ein "Modulsystem" einführen. Gleichzeitig macht sie Druck, die Hauptschulen auf Neue Mittelschulen umzustellen.

Wien/APA/Chs. Lange wurde darüber diskutiert – jetzt könnte es plötzlich schnell gehen: Bereits kommendes Jahr soll das Sitzenbleiben an Österreichs AHS-Oberstufen und berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) der Vergangenheit angehören. Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) kündigte am Mittwoch an, 2012 mit der Umstellung auf ein "Kurssystem" in Deutsch, Mathematik sowie in Fremdsprachen beginnen zu wollen. "Daran führt kein Weg vorbei", so die Ministerin. Für alle 800 betroffenen Standorte benötige es einen Stufenplan. Im Pflichtschulbereich will Schmied die Zahl der Wiederholungen durch "eine neue Lernkultur" verringern.

Sogenannte Kurs- oder Modulsysteme sind im Ausland durchaus üblich. Ein zentrales Element des Konzepts: Schüler müssen nur jenes Fach "wiederholen", in dem sie nicht die erforderliche Leistung erbracht haben. In allen anderen Fächern bleiben sie im gewohnten Klassenverband. Das Sitzenbleiben habe "sehr viel mit Schulkultur zu tun" und sei nicht unbedingt mit Leistung in Verbindung zu bringen, so die Ministerin. "Die These, dass Sitzenbleiben ein Instrument zur Leistungssteigerung ist, ist nicht haltbar." Schmied beruft sich auf eine Studie der EU-Kommission, die die Zahl der Klassenwiederholungen vergleicht (siehe Grafik).

ÖVP signalisiert Zustimmung

Sitzenbleiber in Europa
Sitzenbleiber in Europa(c) Die Presse (APA/EU-Kommission)

Das Ergebnis der Studie: Der Prozentsatz der Sitzenbleiber hat weniger mit den gesetzlichen Regeln und den Leistungen zu tun, sondern mit der Schulkultur und den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen - etwa den Einstellungen des Lehrpersonals und der Eltern. In manchen Staaten sei die Meinung, dass das Sitzenbleiben dem Lernerfolg zuträglich ist, stärker vertreten als in anderen.

Schmied will ihre Forderung jetzt mit der ÖVP abklären. Im Wissenschaftsministerium zeigt man sich "gesprächsbereit": Ein "intelligentes Modulsystem" sei Teil des ÖVP-Bildungspapiers. Die Grünen begrüßen den Vorstoß, warnen jedoch vor reiner "Ankündigungspolitik": Die Regierung habe bei der Budgetklausur die für die Reform nötigen Mittel gekürzt.

Druck macht Schmied bei dieser Gelegenheit auch bei der Neuen Mittelschule: Bis 2016 sollen alle Hauptschulen verpflichtend umwandelt werden. Ursprünglich war geplant, nur jene Schulen zu NMS zu machen, die einen entsprechenden Antrag stellen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.02.2011)

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