Angelobung mit Kindern und ohne Krawatte

(c) Michaela Bruckberger
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Tag eins des neuen ÖVP-Teams in der Regierung: Vizekanzler Spindelegger kam mit Familie zur Angelobung, Staatssekretär Kurz gab sich betont lässig. Bei den Ressort-Übergaben war Humor erlaubt.

Wien. „Jetzt bekommt auch noch der Kurz sein Zeugnis“, meinte ein Journalist am Donnerstagvormittag in der Hofburg. Sechs Unterschriften unter die Dekrete, dazu jeweils die des Bundespräsidenten. Dann war die Angelobung der neuen Minister und Staatssekretäre durch Heinz Fischer vorbei. Der designierte Vizekanzler Michael Spindelegger war mit seiner Frau und mit seinen Söhnen an der Hand gekommen, Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle mit Frau, Kindern und der neugeborenen Enkelin Eva. TV- und Fotokameras in mehreren Reihen im Maria-Theresien-Saal der Hofburg und auch auf den Gängen der Präsidentschaftskanzlei: „Noch nie so viel Andrang“ habe es bei einer Angelobung gegeben, schätzen Mitarbeiter. Rund 100Journalisten und Gäste sind bei der Angelobung der neuen (und alten) ÖVP-Kräfte dabei.

Kurz nach 10Uhr geht es los: Maria Fekter (Finanzen), Beatrix Karl (Justiz), Johanna Mikl-Leitner (Inneres), Karlheinz Töchterle (Wissenschaft), Wolfgang Waldner (Staatssekretär im Außenministerium) und Sebastian Kurz (Integrations-Staatssekretär) warten auf ihre formelle Ernennung nach dem Sanktus des ÖVP-Vorstands. Kurz, der 24-jährige JVPler, aufgrund seiner Jugend medial und im Volk nun besonders kritisch beäugt, ist als einziger Herr ohne Krawatte gekommen. Den Hemdkragen lässig geöffnet, die Hände in die Hüfte gestützt, wartet er mit seinen künftigen ÖVP-Kollegen im Team Spindelegger auf die Staatsspitze. Wenig später betreten Spindelegger und Kanzler Werner Faymann (SPÖ) mit dem Präsidenten den Saal.

Fischer mahnt Anstand ein

Hausherr Fischer fasst sich in seiner Einleitung kurz, erinnert an Josef Prölls Rückzug als Vizekanzler, Finanzminister und ÖVP-Chef aus gesundheitlichen Gründen. Spricht – in Anlehnung an Pröll – davon, dass Anstand gerade auch in der Politik gefragt sei und spielt damit indirekt auf die jüngsten (Lobbyismus-)Affären in der ÖVP an.

Dann wird es feierlich: Der Präsident verliest die Gelöbnisformel. Alle angehenden Regierungsmitglieder und die beiden Staatssekretäre bekräftigen ihre gute Absicht fürs Amt mit „ich gelobe“ und mit Handschlag. Als Erstes der neue Vizekanzler, Außenminister Michael Spindelegger; Fischer schüttelt ihm lange die Hand, wünscht alles Gute. Dann, als erste Frau im Amt, die Neo-Finanzministerin Fekter.

Die Ministerin wirkt gelöst, sie freue sich auf die neue Aufgabe, signalisiert sie vor den Journalisten. Bei der Übergabe des Innenressorts kurz vor Mittag an Mikl-Leitner wird sie Dinge sagen wie: „Mord und Totschlag kann man nicht planen“ – und der Nachfolgerin viel Glück für ihre Aufgabe wünschen.

Karl geht als Wissenschafts- und kommt als Justizministerin. Für ihren Nachfolger im Uni-Ressort, Töchterle, hält sie bei der Übergabe Trekkingschuhe bereit – fürs glatte Wiener Parkett und zum „Erklimmen“ der Gipfel der Hochschullandschaft. Schwarz-grün sind die Schuhe für Töchterle, einen Ex-Grünen – vielleicht ja ein Signal für die Regierung 2013?

Nach Mikl-Leitner und Töchterle noch angelobt werden die Staatssekretäre Waldner und – zum Schluss – Kurz. Sein Lächeln hat er während der vergangenen 20Minuten nicht abgelegt, mehrmals sagt er „Danke“ zu Fischer. Und noch einmal, als er seine Urkunde vorn, am Tisch des Präsidenten, unterschreibt. Die Freude über die neue Aufgabe steht ihm ins Gesicht geschrieben; fast müht sich Kurz um eine feierliche Miene. Für die Fotos, für die Geschichtsbücher. Im Maria-Theresien-Saal, in dem einst die legendäre Erzherzogin hauste.

„Weiterarbeiten“ unter Faymann

Für Spindelegger und Faymann geht der Tag beinahe wie üblich weiter. Wie sonst nach einem Ministerrat laden sie ins Kanzleramt zur Pressekonferenz. Von Faymann gibt es zum Einstand nur freundliche Worte für seinen Vize Spindelegger, mit dem er seit jeher gut „kann“: „Wir arbeiten als Team, das ist die erste gute Voraussetzung für die zweite Halbzeit (dieser Regierung, Anm.).“ Man wolle „konstruktiv“ kooperieren, sagt Spindelegger. „Mehr Tempo“ ist das Motto beider für viele Reformen; Details lässt man an diesem Tag offen.

Optisch setzt man bereits Akzente: Statt dem Schriftzug „Bundeskanzleramt“ prangt hinter Kanzler und Vizekanzler der Bundesadler – ein schönes Zeichen für Österreich, findet Faymann. Und was wurde aus der Aufschrift „Arbeiten für Österreich“ auf dem Redepult? Spindelegger versichert, man werde weiterarbeiten: An ihren Taten möge man die neu zusammengesetzte Regierung messen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2011)

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