Gesundheitsakte: Ärzte fürchten neuen „Skylink“

Ärztekammer-Vizechef Steinhart warnt vor Kostenexplosion bei Elektronischer Gesundheitsakte.

Wien/Pö. Die Kosten für die Elektronische Gesundheitsakte (ELGA) würden nicht rund 150 Mio. Euro ausmachen, wie vom Gesundheitsministerium prognostiziert – sondern allein im ersten Jahr rund 423 Mio. Euro. Danach würden die Betriebskosten 127 Mio. Euro im Jahr betragen, in den ersten fünf Jahren würden die Gesamtkosten somit auf 930 Mio. Euro ansteigen. Davor warnte am Mittwoch Ärztekammer-Vizepräsident Johannes Steinhart. Er berief sich dabei auf eine Studie der Wirtschaftskanzlei Hübner & Hübner im Auftrag der Ärztekammer Wien aus dem Frühjahr sowie auf eine Studie von Debold & Lux im Auftrag des Ministeriums aus dem Jahr 2008.

ELGA dürfe nicht zu einem „Skylink“ des Gesundheitswesens werden, meinte Steinhart unter Bezug auf den neuen Flughafen-Terminal. Minister Alois Stöger (SPÖ) würde den Patienten, aber auch Ärzten enorme Kosten „zumuten“ – selbst wenn es bei den ursprünglich genannten 150 Mio. Euro bliebe. Steinharts Appell: „Die Liste der gesundheitlichen Versorgungslücken, die man mit dem für ELGA reservierten Budget schließen könnte, ist unendlich lang.“ Statt in ELGA solle der Bund in den Abbau von Wartezeiten bei Magnetresonanz-Untersuchungen oder in die kinderpsychiatrische Versorgung investieren, nannte der Ärzte-Vizechef Beispiele. Die Ärzte würden sich nicht grundsätzlich gegen ELGA sperren – bevor sie kommt, brauche es aber genauere Angaben zu Kosten und Effizienz. Minister Stöger wolle ELGA weiter vorantreiben, heißt es in dessen Ressort.

Dorner zu Rücktritt aufgefordert

Aus der Ärztekammer Niederösterreich kam unterdessen die Aufforderung an den Wiener und gleichzeitig österreichischen Ärztekammer-Chef Walter Dorner, er solle zurücktreten. Der Anlass: Dorner hatte in der Bundesgesundheitskommission für die Einführung von ELGA gestimmt, obwohl sich sämtliche Mediziner aus den Ländern dagegen geäußert hätten, so Niederösterreichs Ärzte-Chef Christoph Reisner. Dorner, der 2012 wieder für seine Ämter kandidieren will, sieht keinen Grund zum Rückzug.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2011)

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