19 Richter für Grasser: Justiz will Ressourcen schonen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Medienverfahren zwischen Ex-Finanzminister Grasser und Ex-Kabinettschef Ramprecht wurden ruhend gestellt: Die Justiz ist mit ihren Kapazitäten am Limit.

Wien. „Ramprecht verbreitet eine Lüge nach der anderen.“ So spricht Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser über seinen früheren Kabinettschef Michael Ramprecht. In einem Interview bezeichnete Grasser diesen gar als „nachweislich psychisch labil“. Auch Ramprecht teilt aus: Der – von Grasser zu verantwortende – Buwog-Deal sei ein „abgekartetes Spiel“ gewesen. Dies habe er vom Immobilienmakler Ernst-Karl Plech erfahren. Grasser hatte Ramprecht wegen übler Nachrede vor Gericht gebracht. Und umgekehrt. Am Freitag wurde ein „Innehalten“ der Medienprozesse vereinbart. Der Hintergrund: Die Justiz möchte ihre Ressourcen schonen.

Grasser ist also Kläger und Beschuldigter in einer Person. Für Ramprecht gilt dasselbe. „Die Frage ist: Wer ist der Lügner?“, konstatierte Richterin Nicole Baczak vom Straflandesgericht Wien am Freitag.

Auf dem Programm stand der Auftakt der Verhandlung „Ramprecht klagt Grasser“. Letzterer war allerdings zur Enttäuschung von Ramprecht-Anwalt Michael Pilz („Das ist feig!“) nicht erschienen. Grasser hatte seinen Rechtsvertreter Michael Rami als „Machthaber“ entsandt.

„Steuerzahler kassierte nur 244 Euro“

Den Streitparteien schien das richterliche Anbot, die Medienverfahren ruhend zu stellen, gar nicht ungelegen zu kommen. Sie willigten rasch ein. Die Richterin erklärte, dass sie praktisch im Alleingang die Vorgänge rund um die Privatisierung der Bundeswohnungsgesellschaften (Buwog) klären müsste, um eine etwaige üble Nachrede feststellen zu können. Selbst der seit zweieinhalb Jahren ermittelnden Korruptionsstaatsanwaltschaft ist dies noch nicht gelungen. Sie verdächtigt Grasser, einen Teil jener 9,6-Millionen-Euro-Provision, die seine beiden Freunde, die Lobbyisten Walter Meischberger und Peter Hochegger kassiert hatten, eingesteckt zu haben. Die Vorwürfe: Untreue und Geschenkannahme. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Rechnet man die Strafrichter zusammen, die allein für die Klärung der Buwog-Affäre zum Einsatz kommen könnten, ergibt sich die stolze Anzahl von 19 Köpfen: Allein die Medienverfahren haben bisher fünf Richter beschäftigt. Im strafrechtlichen Vorverfahren sind es bisher vier. Und bei einer Untreueverhandlung dürften – verteilt auf drei Gerichte (Straflandesgericht, Oberlandesgericht, OGH) – weitere zehn Richter dazukommen. Doch etwa mit einem Medienverfahren „kassiert der Steuerzahler nur 244 Euro“ Gerichtsgebühr, rechnete Richterin Baczak vor.

Wird tatsächlich bis zu einer rechtskräftigen Beendigung eines möglichen Buwog-Strafverfahrens ausgeharrt, müssen sich die Herren Grasser und Ramprecht auf eine mehrjährige Wartezeit einstellen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

PK KARL HEINZ GRASSER
Österreich

Fall Grasser: Gericht sieht "dringenden Tatverdacht"

Es wird eng für den Ex-Finanzminister: Erstmals hat eine weisungsfreie Richterin befunden, dass gegen Grasser "dringender Tatverdacht" besteht.
Österreich

Strafverfahren gegen Grasser wird fortgesetzt

Der Ex-Minister blitzt mit seinem Antrag auf Einstellung der Ermittlungen ab. Der Tatverdacht sei hinreichend, sagt das Wiener Straflandesgericht.
Michael Rapmrecht klagt seinen einstigen Chef wegen Übler Nachrede
Österreich

Medienverfahren: Grasser und Ramprecht vertagen sich

Alle wechselseitigen Medienverfahren ruhen bis zur Buwog-Klärung. Der Ex-Finanzminister erschien nicht zur Verhandlung.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.