Brau-Insiderprozess endete mit drei Schuldsprüchen

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Acht Angeklagte wurden vom Vorwurf des Insiderhandels im Zuge des Verkaufs der Brau Union an den Heineken-Konzern freigesprochen. Insgesamt waren zwölf Personen angeklagt gewesen.

Wien/Apa/Red. Am fünften Verhandlungstag des Brau-Insiderprozesses fielen am Freitag unerwartet Urteilssprüche: Die Angeklagten Nikolaus Kretz, Wilhelm Mathes und Christian Atzwanger wurden wegen Insiderhandels schuldig gesprochen. Alle anderen der insgesamt zwölf Angeklagten erhielten einen Freispruch. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

In dem Anfang März neu aufgerollten Prozess geht es um den Verkauf des größten heimischen Bierherstellers Brau Union und dessen Mutter BBAG (Brau Beteiligungs AG) an den niederländischen Produzenten Heineken. Die Brau Union – mit Marken wie Zipfer, Gösser und Puntigamer – stand davor im Eigentum prominenter heimischer Familien.

Deren angeklagte Mitglieder sollen im Wissen, dass die Brau Union an Heineken verkauft wird, Aktien der zu dieser Zeit börsenotierten Unternehmen gekauft haben. (Beide Unternehmen wurden nach dem Verkauf von der Wiener Börse genommen.) Nachdem der Deal im Mai 2003 über die Bühne gegangen war, verzeichneten die Papiere von Brau Union und BBAG massive Kurssteigerungen – die gekauften Aktien gewannen stark an Wert.

„Teilweise zu wenige Indizien“

Beim Verurteilten Nikolaus Kretz handelt es sich um den Sohn des früheren Brau Union-Vorstandes Fritz Kretz. Wilhelm Mathes ist ehemaliger Aufsichtsrat der Brau Union-Mutter BBAG, Christian Atzwanger Ex-Aufsichtsrat der Brau Union. Richter Georg Olschak erlegte ihnen Geldstrafen und die Verpflichtung auf, die im Zuge der Aktien-Deals erworbene „Bereicherung“ wieder abzutreten.

Nikolaus Kretz wurde zu einer Geldstrafe in Höhe von 54.000 Euro verurteilt. Wilhelm Mathes fasste eine Strafe von 36.000 Euro aus und Christian Atzwanger erhielt eine Geldstrafe in Höhe von 18.000 Euro.

Insgesamt waren zwölf Personen angeklagt gewesen. Paul Kretz – Cousin von Nikolaus – war bereits am ersten Prozesstag am 12. März freigesprochen worden. Alle anderen Angeklagten erhielten gestern, Freitag, einen Freispruch.

Richter Olschak betonte in seiner Urteilsbegründung, dass es für eine strafrechtliche Verurteilung teilweise zu wenige Indizien gegeben habe. Im Falle der angeklagten Familie Beurle zeigte er sich überzeugt, dass diese ihre Aktienkäufe auch durchgeführt hätten, wenn sie keine Insiderinformationen gehabt hätten. Ihnen sei es bei ihren Aktienkäufen allein darum gegangen, ihre Anteile gegenüber anderen Kernaktionären nicht zu verwässern. Angeklagt waren der ehemalige Präsident der Industriellenvereinigung, Christian Beurle, sowie seine Söhne Stefan und Ludwig. Ludwig Beurle fungierte früher als Sprecher der Kernaktionäre.

Die Verteidiger der Verurteilten legten ebenso wie Staatsanwalt Bernhard Löw und die Vertreterin der Finanzmarktaufsicht, Ingrid Wilfing, gegen die Urteile Berufung ein. Staatsanwaltschaft und FMA beriefen gegen die Verurteilung von Nikolaus Kretz und gegen die Freisprüche für die Mitglieder der Familie Beurle.

Bis zu fünf Millionen Euro Gewinn

Die vorgeworfenen Straftaten sollen sich im Zeitraum Oktober 2002 bis Mai 2003 ereignet haben. Nicht nur Entscheidungsträger der Unternehmen sollen Aktien gekauft haben. Sie sollen auch Familienmitglieder informiert und zum Kauf angestiftet haben. So haben Angehörige der Familien Beurle, Büche, Atzwanger, Mathes und Kretz plötzlich Aktien gekauft, obwohl sie vorher noch nie welche besessen hatten, hieß es in der Erstauflage des Prozesses im Jahr 2007. Die Vermögensvorteile, die dadurch lukriert worden seien, sollen sich auf mindestens fünf Millionen Euro belaufen.

2007 hatten 15 der ursprünglich 16 Angeklagten einen Freispruch erhalten. Danach folgte ein jahrelanger juristischer Schlagabtausch, der schlussendlich in eine Neuauflage des Prozesses mündete.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2012)

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