Kaum Länder ohne einheitliche Matura

Europa. In fünf europäischen Staaten funktioniert die Zentralmatura ganz ähnlich wie in Österreich. In den meisten Ländern wird auch die mündliche Prüfung einheitlich erstellt.

Wien/Apa/Thea. Österreich sei eines der letzten europäischen Länder, das in Sachen zentraler Reifeprüfung nachzieht, sagt Gabriele Friedl-Lucyshin vom Bundesinstitut für Bildungsforschung (BIFIE). Denn in der überwiegenden Mehrheit der Länder Europas werden zumindest bei der schriftlichen Abschlussprüfung an höheren bildenden Schulen die Aufgaben extern erstellt.

Zuletzt befanden sich außer Österreich nur noch Belgien, Island und Liechtenstein unter jenen Ländern, die keine schriftliche Zentralmatura durchführen. Mit Ausnahme von Spanien und Schweden – dort gibt es keine Reifeprüfung, sondern nur ein Abschlusszeugnis.

In Island und Belgien findet die schriftliche Abschlussarbeit nach wie vor völlig autonom an der jeweiligen Schule statt, weder Aufgabe noch Kontrolle kommen von außen. In Griechenland und Portugal legen die Schüler zwar auch eine interne schriftliche Prüfung ab, zusätzlich gibt es aber auch ein externes Examen. In einigen Länder ist die Reifeprüfung allerdings nicht verpflichtend: Jene Schüler, die keine Hochschulreife erlangen wollen, können die Schule ausschließlich über eine Prüfung am Jahresende abschließen.

Matura erfolgt teils nur schriftlich

Auch gibt es Länder, in denen die Reifeprüfung nur schriftlich und mit zentral vorgegebenen Fragen abgelegt wird. Das ist der Fall in Griechenland, Zypern, Litauen, Portugal, Finnland und Bulgarien. In 19 Ländern fließen auch die Noten des Schuljahres in jene der Reifeprüfung ein – darunter Belgien, Dänemark, Deutschland, Luxemburg, Estland, Italien, Zypern, Großbritannien, Norwegen oder Griechenland.

Ein Modell, wie es künftig in Österreich zur Anwendung kommen wird – bei dem der schriftliche Teil extern standardisiert und der mündliche Teil von den Lehrern vor Ort erstellt wird – gibt es in fünf europäischen Ländern: in Dänemark, Estland, den Niederlanden, Polen und der Slowakei. In den meisten anderen Ländern, in denen der schriftliche Teil extern erstellt wird, wird auch der mündliche Teil außerhalb des Standorts festgelegt. Etwa in Frankreich, Irland, Italien, Lettland, Luxemburg, Malta, Rumänien, Slowenien und Großbritannien.

Das Besondere am österreichischen Modell der zentralen Reifeprüfung sei der wissenschaftliche Zugang in der Erstellung der Matura, meint Friedl-Lucyshin: „Die Erarbeitung der Aufgabenstellungen passiert in einem äußerst komplexen Prozess, an dem viele Personen beteiligt sind.“ Deshalb gebe es auch einen regen „Gedankenaustausch“ mit anderen Ländern im Bereich der Empirie und der Feldtestungen. Insbesondere in den osteuropäischen Ländern sei derzeit einiges im Umbruch: Zuletzt hatte man sich stark mit Vertretern aus Tschechien vernetzt und ausgetauscht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.05.2012)

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