Scheuch mache den Weg frei für eine Erneuerung der FPK, sagt der neue Parteichef Ragger. Die Bundes-FPÖ begrüßt die Entscheidung und spricht vom "einzig richtigen Weg".
Ex-FPK-Chef Kurt Scheuch hat am Mittwoch bei einem Bezirksparteitag der Freiheitlichen in Spittal angekündigt, doch nicht zurück in den Landtag zu gehen. Das gab er im "Ö1-"Mittagsjournal bekannt: "Ich stelle mein Mandat zur Verfügung."
Der neue FPK-Parteiobmann Christian Ragger erklärte, Scheuch zeige mit seiner Entscheidung menschliche Größe und beweise, dass die freiheitliche Partei für ihn an erster Stelle stehe. Er mache den Weg frei für eine Erneuerung der Partei. Scheuch habe "sich viele Verdienste erworben, aber auch - wie jeder- Fehler gemacht". Die öffentliche Meinung konzentriere sich derzeit auf letztere. "Das hat Scheuch zur Kenntnis genommen. Der Souverän, der Wähler hat immer Recht und seine Entscheidungen sind zu akzeptieren", so Ragger. Und er forderte Nachahmung: "Mit der Haltung hat er eine Richtung vorgegeben, an welche sich auch andere halten mögen."
Die FPÖ hat die Entscheidung von Scheuch am Mittwochnachmittag begrüßt. "Das ist der einzig richtige Weg, den Ragger hier einschlägt", sagte Generalsekretär Herbert Kickl. Damit hätten die Kärntner Freiheitlichen die "volle Unterstützung der Bundespartei". Zu den Landtagssitzen von Gerhard Dörfler und Harald Dobernig wollte sich Kickl nicht konkret äußern.
Scheuch sowie Landeshauptmann Gerhard Dörfler und Landesrat Harald Dobernig hatten für ihre Absicht, nach der FPK-Wahlschlappe in den Landtag zu wechseln, harte Kritik einstecken müssen. FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache und andere blaue Politiker forderten eine Erneuerung der Landespartei.
Scheuch war am Tag nach dem Debakel bei der Landtagswahl in Kärnten bereits als FPK-Chef zurückgetreten.
Die FPÖ erlitt bei den Kärntner Gemeinderatswahlen im März 2015 die erwarteten Verluste. Vom historischen Wahlsieg 2009 ist wenig übrig, der Jörg-Haider-Effekt verpufft. Und dennoch: In einigen Städten konnten die freiheitlichen Bürgermeister ihre Vormachtstellung halten.Der Urnengang zeigte damit, was in der Vergangenheit schon mehrfach bestätigt wurde: Die "Freiheitlichen in Kärnten" stellten in Österreichs Polit-Landschaft einen Sonderfall dar. Seit ihrer Gründung fungierten sie als eigenständiger Verein, schafften anders als ihre Landespartei-Pendants, stets zweistellige Ergebnisse und traten 2013 zum dritten Mal hintereinander mit einem anderen Namen zur Landtagswahl an. Bald darauf vereinigten sich FPK und FPÖ nach acht Jahren der Trennung zur Kärntner FPÖ. Im März 2015 ging es dennoch auf Talfahrt - auf keine katastrophale allerdings. Ein Blick auf ihre turbulente Geschichte. c APA GERT EGGENBERGER GERT EGGENBERGER Am 5. Juni 1955 schlug die Geburtsstunde der Kärntner Freiheitlichen: Die "Freiheitspartei" ging aus dem "Verband der Unabhängigen" (VdU) hervor. Auf der Gründungsversammlung wurde Reinhold Huber zum ersten Landesparteichef gewählt. c AP GERT EGGENBERGER Am 3. November 1955 wurde bundesweit die "Freiheitliche Partei Österreichs" (FPÖ) ins Leben gerufen. Bei den Nationalratswahlen 1956 erzielten die Kärntner Freiheitlichen mit 15,1 Prozent das beste Ergebnis aller Bundesländer, bei der Kärntner Landtagswahl kamen sie auf 15,7 Prozent. Die ersten freiheitlichen Abgeordneten im Landtag waren Reinhold Huber, Hubert Knaus, Friedrich Hirn, Hans Rohr und Erich Silla. Mit Hans Rader stellte die FPÖ ein Regierungsmitglied. c APA ARNO WIEDERGUT In den Folgejahren gab es bei den Landtagswahlen jeweils leichte Verluste für die Partei, sie sackte bis 1979 auf 11,7 Prozent ab. Nachdem Landesparteichef Mario-Ferrari Brunnenfeld 1983 in der rot-blauen Koalition in Wien zum Staatssekretär avanciert war, übernahm der seit 1976 amtierende Landesparteisekretär Jörg Haider dessen Sitz in der Landesregierung und am 24. September 1983 auch die Parteispitze. Ab diesem Zeitpunkt ging es stetig bergauf. Schon bei der nächsten Landtagswahl 1984 konnten die Freiheitlichen mit einem Anti-Privilegien-Wahlkampf auf knapp 16 Prozent zulegen. c APA Herbert Pfarrhofer Auf dem Innsbrucker Parteitag 1986 übernahm Haider von Norbert Steger (Bild) auch die Führung der Bundespartei - es folgte ein prozentueller Aufstieg. besonders rasant ging er in Kärnten vor sich: 1989 brach die FPÖ die absolute Mehrheit der SPÖ und errang 29 Prozent. Haider wurde mit Hilfe der ÖVP Landeshauptmann, allerdings zwei Jahre später wieder aufgrund seines Sagers zur "ordentlichen Beschäftigungspolitik" im Dritten Reich wieder abgewählt. c APA GEORG HOCHMUTH GEORG HOCHMUTH Es ging trotzdem weiter nach oben: 1994 erzielten die Freiheitlichen in Kärnten 33,3 Prozent, fünf Jahre später wurden sie schließlich mit 42,1 Prozent stärkste politische Kraft des Landes, und an der neuerlichen Wahl Haiders zum Regierungschef ging kein Weg mehr vorbei. Eine Bestätigung des Erfolges gab es 2004 mit 42,4 Prozent und der Wiederwahl Haiders. Intern war die Lage weit weniger rosig: Machtkämpfte zwischen Haider-Sympathisaten und seinen Widersachern mehrten sich. c AP GERT EGGENBERGER Am 4. April gab Haider daher die Gründung des BZÖ bekannt. Die "Freiheitlichen in Kärnten" trennten sich auf einem außerordentlichen Parteitag von der FPÖ, Haider übernahm von Martin Strutz (Bild, vorne) die Obmannschaft im Bundesland. Bei der Nationalratswahl 2008, bei der die nunmehr orange Partei gegen die verbliebene FPÖ unter Heinz-Christian Strache kandidierte, erreichte das BZÖ mit Haider als Spitzenkandidaten knapp 11 Prozent. c APA Gert Eggenberger Am 11. Oktober 2008 verunglückte Haider bei einem Autounfall tödlich. Er hatte 1,8 Promille Alkohol im Blut. Uwe Scheuch wurde zum Obmann des Bündnisses in Kärnten gewählt. Die darauffolgenden Landtagswahlen wurden zu einer Hommage an den verstorbene Politiker: Am 1. März 2009 erreichte die FPK 44,9 Prozent. Gerhard Dörfler, der seit Haiders Ableben dessen Funktion an der Regierungsspitze übernommen hatte, wurde Landeschef. c APA Hans Klaus Techt Die Freiheitlichen blieben aber nicht lange orange: Am 16. Dezember 2009 fusionierten sie mit der Bundes-FPÖ. Die neue "Schwesterpartei" heißt seither FPK, die Klubs im Nationalrat wurden zusammengelegt. Das BZÖ gründete sich in Kärnten neu, erlangte auf Landesebene aber keine Rolle. Auch die Landes-FPÖ existierte offiziell als eigene Partei weiter. (Am Bild: Leyroutz, FPÖ-Chef HC Strache und FPK-Obmann Uwe Scheuch) c APA GERT EGGENBERGER GERT EGGENBERGER Im Jänner 2010 geriet Uwe Scheuch (Bild) durch einen Tonbandmitschnitt unter Druck. Die "Part of the game"-Affäre beschäftigte die Gerichte, im Sommer 2012 warf Scheuch dann das Handtuch und trat zurück, im Dezember wurde er rechtskräftig verurteilt. Die Partei übernahm sein Bruder Kurt, der bis dahin Klubobmann im Landtag gewesen war, ebenso den Regierungsjob Uwes. Dieser legte sich kurz darauf mit Pressefotografen an, die angeblich "Meuchelfotos" von ihm schießen würden. c Dapd Markus Leodolter Am 3. März 2013 der nächste Schlag: Die Kärntner Freiheitlichen fuhren eine krachende Wahlniederlage ein - sie stürzten auf 16,9 Prozent. Damit verlorendie Freiheitlichen ihre einzige "Bastion" in Österreich, Gerhard Dörfler den Posten als (einziger freiheitlicher) Landeshauptmann - und Kurt Scheuch legt sein Amt als Parteichef zurück. Der neue Parteichef Christian Ragger forderte einen Mandatsverzicht von Dörfler, Noch-Landesrat Harald Dobernig und dem Abgeordneten Hannes Anton. Nur so könne ein "Neuanfang" gemacht werden. Das Trio weigerte sich zunächst. Nach mehreren Verhandlungsrunden willigte Dobernig schließlich in einen Verzicht ein. So behielt die FPK zumindest ihren Klubstatus. (c) APA/GERT EGGENBERGER (GERT EGGENBERGER) Seit dem Wahldebakel tauchten Gerüchte nach einer Wiedervereinigung der seit acht Jahren getrennten FPK und FPÖ auf. Am 28. Juni 2013 folgten den - zunächst nur geflüsterten - Worten Taten: FPK und FPÖ vereinten sich am "Wiedervereinigungsparteitag" zur Kärntner FPÖ. APA/GERT EGGENBERGER Doch die Wiedervereinigung brachte nicht die erhoffte Wonne: Die Freiheitlichen legten auf Landesebene eine eher bescheidene Performance ab, interne Streitereien - allen voran in der Landeshauptstadt Klagenfurt - sorgten für Parteiaustritte. Die Folge: Beim ersten Votum nach dem "Machtwechsel" im südlichsten Bundesland, der Gemeinde- und Bürgermeisterwahl am 1. März 2015, traten gleich mehrere Listen mit FPÖ-Vergangenheit an. Das Resultat: Die FPÖ erreichte nur noch 17,96 Prozent (minus 12,98 im Vergleich zu 2009), sie verlor 339 Gemeinderäte und 14 Bürgermeister. In Klagenfurt muss Stadtchef Christian Scheider in die Stichwahl mit SPÖ-Kandidatin Maria-Luise Mathiaschitz. APA/GERT EGGENBERGER Die Freiheitlichen in Kärnten: ein Sonderfall (APA/Red.)
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