Israel: Bush prophezeit den Frieden

(c) AP (Larry Downing)
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US-Präsident erzählt vor Knesset von seiner Vision des Nahen Ostens in 60 Jahren.

JERUSALEM. Womöglich war US-Präsident George W. Bush ein wenig über-inspiriert vom Besuch des für Israelis heiligen Bodens der Ruinen der Festung Masada am Toten Meer, wo sich 73 nach Christus 960 Juden lieber selbst umbrachten, als sich den Römern zu ergeben: Jedenfalls hielt er danach in der Knesset eine prophetische Rede, in der er die Zukunft des Nahen Ostens und Israels, jener „Heimat des auserwählten Volkes“ (O-Ton Bush) darlegte, wie sie in 60 Jahren aussehen werde.

„Es ist eine mutige Vision, und manche werden sagen, man könne sie nie erreichen“, so Bush, „aber Israel wird den 120. Jahrestag seiner Gründung als eine der größten Demokratien der Welt feiern“, während „von Kairo über Riad und Bagdad bis Beirut die Menschen in freien Gesellschaften leben.“ Der Iran und Syrien wären dann „friedliche Nationen, wo die Unterdrückung von heute nur eine entfernte Erinnerung ist“. Im Übrigen hätten dann auch die Palästinenser eine demokratische Heimat.

Schwarze Ballons über Ramallah

Die Palästinenser ließen zum 60-Jahr-Jubiläum Israels lieber, wie in Ramallah, schwarze Ballons steigen – in Gedenken an den Beginn der Vertreibung aus ihrer Heimat 1948 – an die „Nakba“, die „Katastrophe“, wie dies bis heute heißt. Im Westjordanland und Gaza gab es Demonstrationen und Streiks. „Es ist Zeit, dass die Besatzer unser Land verlassen“, mahnte Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas.

Der US-Präsident schaute bei den Palästinensern erst gar nicht vorbei, sondern bekräftigte die Rückendeckung der USA für Israel: „Israels Volk zählt nur knapp über sieben Millionen“, so Bush, „doch wenn es das Böse bekämpft, ist es stark wie 350 Millionen, denn die Vereinigten Staaten von Amerika stehen hinter ihm.“ Mehrere arabische Abgeordnete, die gegen Bush protestierten, wurden abgeführt.

Angeblich plant Israels Armee nach dem Besuch Bushs, der heute Freitag endet, eine Offensive gegen Gaza; von dort aus kamen am Mittwoch Raketen, die ein Einkaufszentrum in Ashkelon trafen und 90 Menschen verletzten. Die Rakete ist angeblich iranischer Bauart.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2008)


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