Der Mann, der Simmering blau machen will

Paul Stadler, seit 1996 stv. Bezirksvorsteher von Simmering, hofft darauf, der erste blaue Bezirkschef Wiens zu werden.
Paul Stadler, seit 1996 stv. Bezirksvorsteher von Simmering, hofft darauf, der erste blaue Bezirkschef Wiens zu werden. (c) Stanislav Jenis
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Er gilt als aussichtsreichster Kandidat: Paul Stadler könnte erster FPÖ-Bezirksvorsteher werden.

Paul Stadler hat sich schon darauf eingestellt. Wenn er darauf angesprochen wird, versucht er gar nicht erst tiefzustapeln. Ja, er würde es gern machen. Und die Chancen stehen nicht schlecht, dass der 59-Jährige bald Bezirksvorsteher wird. Denn in seiner Heimat Simmering, lange Zeit absolute Hochburg der SPÖ, rechnet seine FPÖ wieder mit massiven Gewinnen. Um 16 Prozentpunkte legte man bei der Wahl 2010 zu, hielt bei 34,2 Prozent – während die Sozialdemokraten mit einem Minus von mehr als elf Prozentpunkten bei 49,2 Prozent landeten. Bei einer ähnlichen Entwicklung könnten die Blauen am Ende vorn sein.

Über mangelnden Zuspruch im Bezirk kann er sich nicht beklagen. Er wird laufend gegrüßt, bekommt ein zustimmendes Schulterklopfen, man kennt ihn hier. „Wenn mich die alle wählen, habe ich 200 Prozent“, meint er lachend. Nur um wieder eine ernste Miene aufzusetzen, wenn eine ältere Dame klagt, dass die Sanierung in ihrer Siedlung nach wie vor nicht begonnen habe. Er nickt, sagt ein, zwei Worte – und lässt dann doch die Dame weiter schimpfen. Über das Geld für die Sanierung, das vor ein paar Jahren noch da gewesen sei. Aber jetzt heiße es bei Wiener Wohnen, es gehe sich nicht aus. Dass eine Ausländerfamilie innerhalb kürzester Zeit eine größere Wohnung bekommen habe. Als Österreicher müsse man jahrelang warten. Und über die Roten, die Grünen, die sie einfach nur loswerden möchte.

Auch das gehört zur Job Description. Zuhören. Mehr gehe oft eh nicht. „Viele Leute glauben, als Bezirksvorsteher kann ich ihnen einen Job oder eine Wohnung besorgen.“ Tatsächlich seien die Kompetenzen des Bezirks begrenzt. Kindergärten, Kindertagesheime, Straßen, Verkehrsanlagen, Kanäle, Seniorenheime, ein bisschen Kultur. Aber natürlich, wenn ein Bezirksvorsteher irgendwo anruft, habe das schon ein gewisses Gewicht.

Häufig werde er für einen Sozialdemokraten gehalten, erzählt er. Wegen seines Äußeren – eher beleibt, im Auftreten gemütlich. Tatsächlich hat er auch eine politische Vergangenheit abseits der Freiheitlichen. Nachdem er Mitte der 1970er den väterlichen Betrieb, einen Flüssiggashandel, übernahm, wollte er seine Branche auch in der Wirtschaftskammer vertreten. Doch sowohl bei der ÖVP als auch bei der SPÖ wurde er auf hinteren Plätzen verräumt. Frustriert zog er sich zunächst zurück – doch dann klopfte die FPÖ an. „Sie haben mir eine Chance gegeben.“ Plötzlich auf dem ersten Listenplatz gereiht, zog er für die Freiheitlichen Wirtschaftstreibenden in die Wiener Wirtschaftskammer ein. Schließlich kam der Sprung in die Bezirkspolitik, erst 1991 als Bezirksrat, seit 1996 als stellvertretender Bezirksvorsteher. Das ist auch die Umgebung, in der er bleiben will. „In den Landtag wollte ich nie“, sagt er. „Wirklich helfen kann man Leuten nur hier an der Basis.“

Ausländer als Thema. Doch so gemütlich er auch wirkt, die Linie seiner Partei trägt er mit. Beim Thema Ausländer, zum Beispiel. „Da geht es auch ums Provozieren, damit man nachher darüber reden kann“, meint er. Würde man das nicht tun, kämen manche Probleme einfach nie zur Sprache. Da müsse man manchmal auch Plakate in Kauf nehmen, hinter denen man nicht mit ganzem Herzen stehe. Wobei er auch schon an mancher Aktion Kritik übte – die Protestaktion der FPÖ Landstraße vor dem Flüchtlingsheim in Erdberg bezeichnete er als „dumm“. Im persönlichen Gespräch gibt er sich durchaus moderat. Bei der aktuellen Asyldebatte, zum Beispiel. Flüchtlinge aufzunehmen sei nicht das Problem. „Ich glaube, die Bevölkerung reagiert dann gar nicht negativ, solange sie nur korrekt informiert wird.“

Aber das ist ohnehin ein Thema, bei dem er als Bezirkschef nicht viel tun könnte. Und doch, meint er, würde sich einiges im Bezirk ändern, sollte er an die Spitze kommen. Mit klassischen Bezirksthemen. Zuerst wolle er etwa ein Referendum im Bezirk durchführen – ob die Gärtnereien auf der Simmeringer Haide erhalten werden oder dem Wohnbau weichen sollen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2015)

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