Schädelarchiv als heikles wissenschaftliches Erbe

Künstlerisch verfremdete Schädel.
Künstlerisch verfremdete Schädel.(c) Tal Adler
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Anthropologie. Ein Kunstprojekt in Edinburgh verhandelt wissenschaftliche Ethik am Beispiel der Sammlung menschlicher Schädel des Naturhistorischen Museums Wien. Darunter befinden sich nicht nur historische Gebeine.

Im Obergeschoß des Naturhistorischen Museums (NHM) Wien, dort, wo Besuchern der Zutritt verwehrt ist, befindet sich ein makaber anmutendes Forschungsarchiv der anthropologischen Abteilung. Hausintern salopp „Schädelgang“ genannt, beherbergt es über 8000 Skelettschädel, die in einen riesigen Holzschrank akkurat einsortiert und fein säuberlich beschriftet wurden. „Türke“ steht auf dem einen Schild. „Slowake“ auf einem anderen. In einem Land mit rassistisch-mörderischer Wissenschaftsvergangenheit verursacht das mitunter Unbehagen.

Der israelische Künstler Tal Adler hat auf Basis von mehr als hundert hochauflösenden Aufnahmen ein detailreiches fotografisches Bild dieses Archivschranks in natürlicher Größe angefertigt. Das 30 Meter lange und drei Meter hohe Panorama wird derzeit beim Art Festival im schottischen Edinburgh erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Es steht im Zentrum der Ausstellung „Dead Images“, also tote Bilder, die den Umgang von europäischen Museen und den dahinterstehenden wissenschaftlichen Abteilungen mit menschlichen Überresten verhandelt. Viele dieser Forschungsobjekte kommen von weit her. Sie wurden – getragen vom kolonialen Selbstverständnis – u. a. aus Gräbern indigener Menschen geplündert oder stammen von Schlachtfeldern. Die Ausstellung ist Teil des dreijährigen EU-Forschungsprogramms „Traces“, das sich mit Umgang und Vermittlung des umstrittenen kulturellen Erbes Europas auseinandersetzt.

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