Zwei Tage im Oktober: Ein Staat zerfällt, ein Staat entsteht

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka bei der Gedenksitzung am 21. Oktober 2018 vor einem Foto der damaligen Abgeordneten im Landhaus.
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka bei der Gedenksitzung am 21. Oktober 2018 vor einem Foto der damaligen Abgeordneten im Landhaus.(c) APA
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Am 21. und 22. Oktober 1918 fiel die Entscheidung über die Zukunft der deutschen Österreicher.

Man spürte im Oktober 1918: Der Friede kam näher. Doch die Völker Österreich-Ungarns wollten den endgültigen Friedensschluss nicht erwarten, sie meldeten sich ab im Herbst 1918, einer nach dem anderen. Sie hatten nur ein Interesse: Einen eigenen Staat zu konstituieren. Jeder berief sich auf eine Heimat, beanspruchte ein Territorium und seine historischen Grenzen, die Tschechen, Slowaken, Südslawen, Polen, Italiener. Doch seit hunderten Jahren lebten in diesen Gebieten auch andere Nationen, zum Beispiel deutschsprachige Bürger. Sie fühlten sich als Deutschösterreicher und verstanden sich als deutsche Oberschicht der Monarchie. Jetzt brach diese Monarchie auseinander, wo gehörten sie hin?

Zu Österreich. Das sahen auch die politischen Parteien in Wien so. Sie beanspruchten daher wie die Slawen auch ein Selbstbestimmungsrecht für die Deutschösterreicher. Am ehesten hatten die Sozialdemokraten in Wien ein Konzept für eine Neugestaltung, die anderen Parteien, Deutschnationale und Christlichsoziale, schlossen sich an. Man wollte sich zu einem deutschösterreichischen Staat vereinigen. Am ehesten im Rahmen der alten Verfassung, mehr konnte man sich noch nicht vorstellen. Also in einer Konföderation mit den Slawen. Die geschichtlichen Beziehungen, die wirtschaftlichen Abhängigkeiten hatten die Nationen der Monarchie doch so eng verschmolzen, dass eine Loslösung wie Selbstmord wirken musste, so die Deutschösterreicher. Sollten die Südslawen doch schauen, ob sie, auf sich allein gestellt, nicht Beute der gierigen Italiener würden! Wir Deutschen können ruhig abwarten, wie die Nationen in voller Freiheit entscheiden, hieß es. Doch die anderen wollten alle nichts mehr wissen vom Kaiserstaat. Die Bundesstaatsidee, vom Monarchen in letzter Minute entworfen, scheiterte kläglich. Die kaiserliche Regierung demissionierte.

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