Die Kunst, populistisch zu regieren

William Kentridge, Small Atlas Procession, 2000
William Kentridge, Small Atlas Procession, 2000(c) William Kentridge Studio, Johannesburg
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Versagen Populisten, sobald sie an die Macht kommen? Oder aber werden sie von eben dieser gezähmt? Mitnichten. Populistische Strategien sind zwar mitunter schamlos, aber sie funktionieren.

Heute sind in drei der größten Demokratien der Welt Rechtspopulisten an der Macht – in den USA, in Indien und in Brasilien. Immer wieder wird behauptet, Populisten könnten gar nicht regieren oder würden im Amt automatisch moderater. Beide Einschätzungen sind beruhigend – nur leider falsch.

Eine vor allem unter Liberalen im weitesten Sinn verbreitete Ansicht lautet, Populisten zeichneten sich dadurch aus, dass sie horrend unterkomplexe politische Lösungsansätze hätten. Daraus folgt, dass ihre simplen Ideen und falschen Versprechen in der Regierungspraxis schnell entlarvt würden. Entweder beharrten Populisten dann stur auf diesen – um dann schließlich von den Wählern für ihre Inkompetenz abgestraft zu werden. Oder sie würden moderater und vernünftiger im Amt. So oder so löst sich das Problem Populismus von allein.

Eine nicht weniger verbreitete Meinung besagt, Populisten seien vor allem Elitenkritiker. Einmal an der Macht, seien sie dann selber Elite – und müssten logischerweise mit ihren Beschimpfungen der Elite aufhören.Auch hier löst sich das Problem von allein. Nur: Ist Populismus wirklich nur Elitenkritik? Wenn Populisten in der Opposition sind, kritisieren sie in der Tat die Regierung (und andere Parteien) – und in diesem Sinn: Eliten. Vor allem aber tun sie noch etwas anderes: Sie behaupten stets, sie und nur sie verträten, was bei Populisten häufig als das „wahre Volk“ oder auch als die „schweigende Mehrheit“ bezeichnet wird. Aus diesem Alleinvertretungsanspruch folgt, dass alle Mitwettbewerber um die Macht grundsätzlich illegitim sind. Da geht es nie nur um Differenzen im Inhalt oder auch Werten – ein Streit, der in der Demokratie normal und idealerweise sogar produktiv ist. Vielmehr werden Populisten immer gleich persönlich und hochmoralisch: Dass Problem ist schlicht, dass die anderen korrupt sind und sich nie um das Wohl des Volkes kümmern.

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