War das Hitler-Attentat keine moralische Tat?

Von Stefan George zum Attentat inspiriert? Offizier Claus von Stauffenberg (1907–1944).
Von Stefan George zum Attentat inspiriert? Offizier Claus von Stauffenberg (1907–1944). (c) APA
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Trieb nur ein fragwürdiger Kult der Tat den Hitler-Attentäter an? Dann wäre er von Amokläufern nicht weit entfernt. Wie eine neue Biografie Claus von Stauffenberg die Moral abspricht – weil sie nicht ganz der unsrigen gleicht.

Ein Mann mit Uniform, mit Augenklappe und Aktentasche wurde letzten Herbst nicht auf die Frankfurter Buchmesse gelassen. Es war der Satiriker und Politiker Martin Sonneborn, seine Aktentasche wollte er bei einer Buchvorstellung des AfD-Politikers Björn Höcke deponieren. Sonneborn konnte damit rechnen, dass der Sinn seines Aufzugs richtig gedeutet würde, als Anspielung auf Hitler-Attentäter Claus von Stauffenberg. Als Symbolfigur des Widerstands gegen den Nationalsozialismus soll Stauffenberg nun auch Widerstand gegen Rechtsextremismus symbolisieren. So sehr gilt er als Lichtgestalt, dass viele sich empörten, als er im Film „Operation Walküre“ von Tom Cruise gespielt wurde. Ein Mitglied von Scientology dürfe keinen „Kämpfer gegen den Totalitarismus“ darstellen, empörte sich damals ein FDP-Politiker.

Gegen Totalitarismus kämpfte er nicht

Claus von Stauffenberg, eine Vorbildfigur für Widerstand gegen Totalitarismus und rechtsradikales Denken? Dafür taugt er gar nicht. Die Entwicklung des vielseitig begabten Aristokratensohns zum Hitler-Attentäter hat Peter Hoffmann schon in den 1990er-Jahren in seiner Stauffenberg-Biografie differenziert rekonstruiert, umsichtig im Umgang mit den lückenhaften, teils fragwürdigen Quellen: wie Stauffenberg ab 1942 zur Überzeugung kam, dass Hitler beseitigt werden, dann, dass er sich selbst dafür einsetzen, schließlich, dass er selbst das Attentat ausführen müsse. Hoffmann schilderte auch ohne Beschönigung Stauffenbergs grundsätzliche Zustimmung zum Nationalsozialismus in den ersten Jahren nach der Machtübernahme Hitlers; seine mit dem Nationalsozialismus kompatiblen positiven Begriffe von Führertum und Volksgemeinschaft; sein Missfallen am Parlamentarismus; sein Verständnis des Militärs als politische Führungskraft; sein vom Kreis um Stefan George mitgeprägtes elitäres Denken in Kategorien von Auserwählt- und Eingeweihtheit. Stauffenbergs Denken ist uns heute unheimlich fremd – und das ist nichts Neues.

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