Im Untergrund

In Kappadokien wurden vor Jahrtausenden ganze Städte in den Tuff getrieben. Bei Gefahr boten sie Zuflucht.
In Kappadokien wurden vor Jahrtausenden ganze Städte in den Tuff getrieben. Bei Gefahr boten sie Zuflucht.Claudio Beduschi / picturedesk.com
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Es gibt Leben nicht nur auf der Erde, sondern auch in ihr, von Bakterien bis zu mythischen Göttern. Ein Buch führt auf Reisen hinab.

William ,Mole Man‘ Lyttle. Burrower. Lived and dugged here.“ Das steht auf einer Gedenktafel, die die Gemeinde Hackney im Norden Londons anno 2006 an einem arg zerfallenen Haus anbringen ließ. In dem hatte William Lyttle, ein Bauingenieur, in den 1960er-Jahren eine Schaufel zur Hand genommen, um einen Weinkeller auszuheben. Er grub und grub, 40 Jahre lang, irgendwann sah die Erde unter seinem Grundstück nach Augenzeugenberichten aus „wie ein Ameisennest“. Irgendwann sackte die Erde in sich zusammen, es wurde gefährlich, für die Anrainer und für Lyttle, man quartierte ihn aus und verfrachtete ihn für den Rest seines Lebens in ein hochgelegenes Stockwerk eines anderen Hauses.

Solche Wühlsucht hat auch schon andere befallen, nicht viele, aber doch genug, um ihr zu einem wissenschaftlichen Namen zu verhelfen: „Perforamania“. Gemeinsam ist ihr bzw. ihren Opfern, dass sie kein Motiv ihres Drangs in die Tiefe nennen können (oder wollen). Das ist ganz anders bei denen, die unterirdische Siedlungen zum Schutz anlegen, vor Atombomben zuletzt, vor Eroberern immer schon, vor allem in Kappadokien, wo vor Jahrtausenden ganze Städte mit bis zu zwölf Geschoßen in den vulkanischen Tuff getrieben wurden: Durch die Region in Anatolien zogen oft Heere, in der Tiefe war man sicher, die Eingänge waren getarnt und mit Mühlsteinen von innen verschlossen. So hält es auch eine Art der Tiere, die im Boden Bauten anlegen, die in der Struktur deckungsgleich sind mit denen der Menschen in Kappadokien und denen von Lyttle: Ameisen.

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