Designhotels: Das routinierte Anderssein im Andaz

(c) Gregor Titze
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„Am Belvedere“ wird nicht nur die Präposition hochgehalten: auch die gestalterische „Wärme“ und die ganz gesittete Abweichung von der Norm.

Die Präposition ist doch nicht tot. Und danken muss man dafür der Immobilienbranche. „Wohnen am Kaiserforum“, „Hotel zur Wiener Staatsoper“. Und jetzt „Am Belvedere“, nämlich „Andaz Vienna Am Belvedere“. Sprachkulturpessimisten glaubten, der Jugend-Sprech „Gemma Park“ wäre die Zukunft. Nein, es ist der Immobilien-Sprech. Aber was heißt dann „Gemma Belvedere“? Heißt das dann „ins Hotel Am Belvedere gehen“? Aber vor lauter Positionierung „zu“ und „am“ wäre das ohnehin wahrscheinlich an der Zielgruppe vorbeipositioniert. Viel wichtiger noch als die Lage in der Stadt ist ohnehin jene am Markt. Und da bemühen sich die meisten Sub-Brands der gigantischen Hotel-Konzerne à la Hyatt, dezidiert in einer paradoxen Disziplin: im Mainstream des „Anderssein“. Und es ist wirklich nur Zufall, dass „anders“ und „Andaz“ gleich klingen, wenn man beides in österreichischer Tonalität ausspricht.

Das „Andaz Am Belvedere“ will laut der nächsten sprachlichen Varietät, dem PR-Sprech, ein „authentisches Spiegelbild der lokalen Kultur“ sein. Und ein lokales, authentisches Architektur-Schrägstrich-Design-Büro hat ihm dabei gestalterisch geholfen. Schade, dass es international noch nicht so berühmt ist, dass man sich als Hotelkette in seinen Aussendungen damit rühmen kann. Da verweist man lieber auf das Äußere, designt von Renzo Piano. Und weniger auf die Designer des Inneren, das Wiener Büro archisphere, die sich inzwischen fast vollständig darauf verlegt hat, Hotels gestalterisch und inhaltlich in Städte und Branding-Strategien einzubetten. Für das Andaz in Wien, das vierte Exemplar der Marke in Europa, waren gestalterisch Gabriel Kacerovsky und Carmen Dumitrescu verantwortlich. Also auch dafür, dass die Hotel-Marke seiner Postionierung treu bleibt, dem „Anderssein“. Das äußert sich ja schon im bewussten typographischen Chaos, das das Logo bildet. Fünf Schriften für fünf Buchstaben. Schon die Marke „Wien“ hat vor einigen Jahren mit einem Logo aus unterschiedlichen Schriften so etwas wie „Vielfalt“ zu kommunizieren versucht, „Wien ist anders“ hießt damals der Claim, der viele ratlos an den Einfahrten der Stadtautobahnen zurückließ. Wie anders? Was jetzt? Häh?


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