EuGH gewährt zweite Chance auf .eu-Wunschdomain

Symbolbild
Symbolbild(c) REUTERS (THIERRY ROGE)
  • Drucken

Internet. Viele US-Unternehmen schnappten mit einem Trick EU-Firmen eine Domain weg. Ein Urteil des EuGH schiebt dem aber einen Riegel vor. Nun haben auch andere die Chance, doch noch zu ihrem Recht zu kommen.

Eine Domain, die auf .eu endet, können nur Unternehmen und Privatpersonen mit Sitz in der EU registrieren. Die Versuche von US-Unternehmen, diese Beschränkung zu umgehen, hat der EuGH nunmehr für wirkungslos erklärt. Dies gibt vielen Unternehmen in der EU eine zweite Chance auf ihre .eu-Wunschdomain.

Die Vergabe von .eu-Domains, wie z. B. europa.eu, unterliegt der strengen Regelung durch mehrere EU-Verordnungen. Wer in den ersten vier Monaten nach Einführung der .eu-Domain (in der „Sunrise-Periode“) eine Domain registrieren wollte, musste nicht nur einen Sitz in der EU nachweisen, sondern auch ein  früheres Recht an der gewünschten Domain belegen. Ein derartiges Recht konnte z. B. ein Lizenzrecht an einer Marke sein.

Viele US-Unternehmen wollten trotz dieser Voraussetzungen in der Sunrise-Periode an eine .eu-Domain gelangen und wählten dazu folgende Vorgehensweise: Sie registrierten in einem EU-Mitgliedstaat eine Marke mit dem Wortlaut der gewünschten Domain und lizenzierten die Marke dann an ein Unternehmen mit Sitz in der EU. Dieser Lizenzvertrag war typischerweise auf das Recht beschränkt, im eigenen Namen – aber faktisch für das US-Unternehmen – die Domain zu registrieren, und glich inhaltlich mehr einem Dienstleistungsvertrag als einem „echten  Lizenzvertrag“. Da die Lizenznehmer mit Sitz in der EU bei ihren Registrierungsanträgen nicht offenlegten, dass sie faktisch für US-Unternehmen handelten, hatte alles einen korrekten Anschein.

Optiker vor EuGH siegreich

Der EuGH hat mit einem kürzlich verkündeten Urteil (C-376/11) derartigen Vorgehensweisen durch US-Unternehmen endgültig einen Riegel vorgeschoben. Ein europäisches Beratungsunternehmen hatte für einen Online-Optiker aus den USA die Domain lensworld.eu registriert. Ein belgischer Optiker klagte darauf das Beratungsunternehmen auf Übertragung der Domain auf sein eigenes Unternehmen.

Das Beratungsunternehmen machte als  früheres Recht  eine Markenlizenz geltend, die ihr das US-Unternehmen eingeräumt hatte. Der EuGH hat entschieden, dass eine Markenlizenz, die den Lizenznehmer nur zur Registrierung einer gleich lautenden .eu-Domain für den ausländischen Lizenzgeber berechtigt, keine  früheren Rechte  begründet. Erforderlich für ein solches Recht wäre, dass der Lizenznehmer auch das Recht erhält, die Marke selbst kommerziell zu nutzen, d. h. insbesondere zur Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen. Genau dies war dem Lizenznehmer – wie in vielen vergleichbaren Fällen auch – aber untersagt. Die Domain lensworld.eu muss daher an den belgischen Optiker übertragen werden.

Viele EU-Unternehmen, aber auch Privatpersonen aus der EU wurden auf ähnliche Weise von US-Unternehmen um ihre Wunschdomain gebracht. Das Urteil des EuGH gewährt den Betroffenen eine zweite Chance, um doch noch zu ihrem Recht zu kommen.

Um festzustellen, ob man selbst eine zweite Chance auf seine .eu-Wunschdomain hat, ist zunächst zu prüfen, ob die Domain von einem US-Unternehmen verwendet wird. Dies ist meist aus dem Impressum der Website ersichtlich. Danach ist zu erheben, auf welches Unternehmen die Domain tatsächlich registriert ist. Dies kann in der Datenbank www.whois.eu abgefragt werden. Besteht keine nähere Verbindung zwischen dem eingetragenen Domain-Inhaber und dem US-Unternehmen, das die Domain verwendet, stehen die Chancen gut, seine Wunschdomain im europäischen Cyberspace doch noch zu verwirklichen.Dr. Lukas Feiler, SSCP und Mag. Michaela Petsche sind Rechtsanwaltsanwärter bei Wolf Theiss Rechtsanwälte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.