Eine Frau beantragte die Scheidung, weil ihr Mann die Wohnung zumüllte. Das Höchstgericht entschied: Zu viel Dreck ist eine "schwerwiegende Eheverfehlung".
Wien. Eheleute haben grundsätzlich zusammen zu wohnen. Wer auszieht, begeht eine Eheverfehlung, die nicht nur eine Scheidung auslösen, sondern auch unterhaltsrechtliche Nachteile mit sich bringen kann. Aber wann ist es nicht mehr zumutbar, mit einem Partner zusammen zu wohnen, sodass der andere ausziehen und auf Scheidung klagen kann?
Ein Thema, das es vor Gericht zu klären galt. Eine Frau hatte ein Scheidungsverfahren gegen ihren Mann angestrengt, obwohl sie es war, die ausgezogen war. Doch sie gab einen guten Grund dafür an: Der Mann habe die eheliche Wohnung zugemüllt, argumentierte sie.
Schon die Unterinstanz hatte Verständnis für die Frau gezeigt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hielt noch einmal fest, dass Ehepaare grundsätzlich gemeinsam wohnen müssen. „Das Verschulden des Verlassenden kann aber ausgeschlossen sein, wenn das Verlassen der Ehewohnung eine entschuldbare Reaktionshandlung auf schwerwiegende Eheverfehlungen des Partners darstellt.“ Und so ein Fall liege hier vor, müsse dem Mann doch unter anderem die „beharrliche und unzumutbare Vermüllung der ehelichen Wohnung“ vorgeworfen werden.
Dauermüll verfristet nicht
Nun müssen Eheverfehlungen innerhalb von sechs Monaten zum Anlass genommen werden, um die Scheidungsklage einzubringen. Hat die Frau ihre Frist verpasst, weil sie nicht rasch reagierte? Nein, meinte der OGH (8 Ob 88/17z). Eine Verfristung liege nicht vor, weil der Mann „sein partnerschaftswidriges Verhalten“ bis zuletzt nicht eingestellt habe und „die zunehmende Vermüllung und Verwahrlosung des ehelichen Wohnhauses einen Dauerzustand darstellten.“ (aich)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2017)