Höchstgericht prüft: Wird drittes Geschlecht anerkannt?

Die Session findet erstmals unter Leitung von Präsidentin Bierlein und Vizepräsident Grabenwarter statt, die vorige Woche vom Bundespräsidenten angelobt worden sind
Die Session findet erstmals unter Leitung von Präsidentin Bierlein und Vizepräsident Grabenwarter statt, die vorige Woche vom Bundespräsidenten angelobt worden sindAPA/GEORG HOCHMUTH
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Der Wunsch einer Person, weder als männlich noch weiblich bezeichnet zu werden, steht ebenso auf der Tagesordnung des VfGH wie die Beschränkung der Mindestsicherung in Niederösterreich.

„Inter“, „anders“, „unbestimmt“ oder einfach „X“: Bezeichnungen wie diese könnten sich bald im Zentralen Personenstandsregister und dann wohl auch im Pass und anderen Dokumenten finden. Der Verfassungsgerichtshof  (VfGH) berät in seiner heute begonnenen Märzsession über den Antrag einer Person aus Oberösterreich, offiziell weder als „männlich“ noch als „weiblich“ geführt zu werden.

Der zuständige Bürgermeister lehnte dieses Verlangen aber ebenso ab wie später das Landesverwaltungsgericht. Gegen dessen Entscheidung beschwert sich die betroffene Person mit der Begründung, im Recht auf Achtung des Privatlebens, auf Datenwahrheit sowie auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung auf Grund des Geschlechts verletzt worden zu sein.

Auf dem Programm stehen auch die niederösterreichische Mindestsicherung, eine Anfechtung der Nationalratswahl 2017 sowie ein „Drittelantrag“ der FPÖ im Wiener Landtag auf Aufhebung von Bestimmungen in der Wiener Bauordnung im Zusammenhang mit der Unterbringung von Asylwerbern.

Die Session steht erstmals unter der Leitung von Brigitte Bierlein als neuer Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes, Christoph Grabenwarter ist neuer Vizepräsident. Der ehemalige Justizminister und Vizekanzler Wolfgang Brandstetter, der morgen, Dienstag, angelobt wird, nimmt erstmals als Mitglied des Gerichtshofes an den Beratungen teil.

„Deckelung“ und eine Wartefrist bei Mindestsicherung erlaubt?

Das niederösterreichische Mindestsicherungsgesetz sieht seit 1. Jänner 2017 eine Wartefrist vor. Wer sich nicht mindestens fünf der vergangenen sechs Jahre in Österreich aufgehalten hat, kann statt der Mindestsicherung nur eine geringere Leistung gemäß den „Mindeststandards – Integration“ beziehen. Außerdem ist eine Deckelung eingeführt worden: Leben mehrere Personen in einem Haushalt bzw. einer Wohngemeinschaft, dürfen sie zusammen höchstens 1500 Euro aus der Mindestsicherung beziehen.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat aus Anlass mehrerer Beschwerden gegen Bescheide, die auf diesen Bestimmungen basieren, beim VfGH die Aufhebung dieser Bestimmungen beantragt. Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes verstoßen die Wartefrist und die Deckelung gegen das Gebot der Gleichbehandlung und der Sachlichkeit.

Anfechtung der jüngsten Nationalratswahl

Die Liste „Für Österreich, Zuwanderungsstopp, Grenzschutz, Neutralität, EU-Austritt (EUAUS)“ hat das Ergebnis der Nationalratswahl vom 15. Oktober 2017 angefochten. EUAUS behauptet Verstöße gegen Bestimmungen der Nationalratswahlordnung, so etwa im Zusammenhang mit dem dritten Ermittlungsverfahren und der Reihung der Parteien auf den Stimmzetteln. Auch wird die Verfassungswidrigkeit gesetzlicher Bestimmungen vorgebracht: Nach dem Vorbringen würde die Briefwahl gegen die in der Bundesverfassung verankerten Grundsätze des Wahlrechts verstoßen.

FPÖ gegen leichtere Schaffung von Flüchtlingsunterkünften

34 freiheitliche Abgeordnete zum Wiener Landtag haben einen Drittelantrag auf Aufhebung des § 71c der Wiener Bauordnung eingebracht. Der Wiener Landtag hat im März 2016 eine Novelle zur Bauordnung beschlossen, die für die Einrichtung von Flüchtlingsunterkünften Erleichterungen vorsieht. Konkret geht es um die „vorübergehende Unterbringung einer größeren Anzahl von Personen auf Grund von bereits eingetretenen oder bevorstehenden Ereignissen, insbesondere Naturereignissen, oder auf Grund völkerrechtlicher, unionsrechtlicher oder Verpflichtungen der Gemeinde bzw. des Landes gegenüber dem Bund oder aus humanitären Gründen“.

In diesem Fall sind baurechtliche Sonderbestimmungen vorgesehen, wenn die Unterbringung staatlich organisiert ist. So ist bei Nutzung rechtmäßig bestehender Gebäude oder Neu- bzw. Zubauten in Leichtbauweise – z. B. mittels Containern – für die Dauer von sechs Monaten gar keine Baubewilligung nötig, wenn grundlegende Sicherheits- und Hygienevorkehrungen eingehalten werden. Bei einer längeren Nutzung bis zu fünf Jahren sowie für den Fall von Bauarbeiten ist zwar eine Baubewilligung nötig, für diese gelten aber Erleichterungen. (kom)

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