Recht

Auch Computerspielen kann ein Sport sein

Bei Computerspielen (am Bild der Fortnite World Cup 2019) werden auch Pokale vergeben. Aber handelt es sich dabei um Sport?
Bei Computerspielen (am Bild der Fortnite World Cup 2019) werden auch Pokale vergeben. Aber handelt es sich dabei um Sport?(c) APA/AFP/JOHANNES EISELE (JOHANNES EISELE)
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Bei E-Sport-Bewerben zählen ähnliche Fähigkeiten wie bei klassischen Wettkämpfen. Darum sollten auch elektronisch ausgetragene Spiele als Sport.

Wien. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) stemmt sich mit einem Rechtsgutachten gegen die Bestrebungen der deutschen E-Sport-Community, offiziell als (gemeinnütziger) Sport anerkannt zu werden. Diese Rechtsfrage ist auch für Österreich relevant, weil rechtliche Vorteile von einer Anerkennung abhängen und die gesetzlichen Grundlagen vergleichbar sind. Aber hält das Gutachten einer näheren Überprüfung stand?

E-Sport kann als wettkampfmäßiges Computerspielen zusammengefasst werden. Der öffentlichkeitswirksame Hype ist mit dem Erfolg des Österreichers David „Aqua“ Wang bei der Fortnite-Weltmeisterschaft auch hierzulande angekommen.

Deutschland ist bei E-Sport schon einen Schritt weiter. Im Koalitionsvertrag wurde die Anerkennung von E-Sport als Sport festgehalten. Die Rechnung wurde ohne den DOSB als Dachorganisation deutscher Sportverbände gemacht, der ausschließlich die Anerkennung von Sportsimulationen präferiert (z. B. Fifa). Ein vom DOSB eingeholtes Gutachten kam jüngst zum Ergebnis, dass E-Sport kein Sport sei. Die körperliche Komponente sei nicht ausreichend ausgeprägt, und es bestünden gesundheitsgefährdende Risken. Es ist nur ein Wehrmutstropfen, dass die vom DOSB präferierte Unterscheidung zwischen Sportsimulationen und sonstigen Games rechtlich nicht haltbar ist.

Das Gutachten ist in der Auslegung nicht nur äußerst restriktiv, sondern sogar tendenziös. Die Voreingenommenheit des Gutachters drückt sich in Werturteilen aus, wie z. B. dass sich die E-Sport-Branche in einer anderen Galaxis bewegen würde oder bestimmte Vorstellungen der E-Sport-Branche außerhalb der sozialen Wirklichkeit seien.
Dorothee Bär, Staatsministerin für Digitalisierung, hielt fest, dass das Ergebnis wenig überrasche, wenn der DOSB der Auftraggeber sei. Die Verleugnung der Realität sei laut Bär ein natürlicher Abwehrmechanismus gegenüber neuen Entwicklungen.

Der Gutachter ordnet E-Sport in Deutschland fälschlicherweise als „kommerziellen Zweig der Games-Wirtschaft“ ein. Die Anerkennung soll E-Sport-Vereinen zugutekommen, die relevante pädagogische, kulturelle und soziale Funktionen erfüllen und positive Werte, wie Fairness und soziale Integration fördern. Der kommerzielle klassische Sport profitiert ebenfalls von der Gemeinnützigkeit des Amateurbereichs. Gleiches gilt für die Begünstigung wirtschaftlicher Zwecke Dritter, wie es im Gutachten so schön heißt, worunter auch klassische Sportartikelhersteller fallen.

Risken in jeder Sportart

Zur körperlichen Aktivität von E-Sportlern (wie Geschicklichkeit, Hand-Auge-Koordination, Reaktionsgeschwindigkeit, Taktik, hohe psychische und physische Belastung) hält der Gutachter fest, dass es „auch bei Aufbieten einiger Fantasie“ nicht erkennbar sei, dass Durchschnittsspieler diesen Anforderungen ausgesetzt sind. Freilich sind auch Hobbysportler nicht den Anstrengungen von Profisportlern ausgesetzt. Etliche klassische Sportarten definieren sich – ähnlich wie E-Sport – über die Präzision der Bewegung und nicht den Umfang. Zu Schach führte der DOSB auf Twitter aus, dass Schach „Bestandschutz“ genieße.

Allerdings kritisiert der Gutachter zu Recht, dass die E-Sport-Community Risken, wie Spielsucht, bis dato eher stiefmütterlich behandelt. Das liegt aber auch an den fehlenden Kapazitäten des E-Sports und der „Verursacherverantwortung“ der Spielehersteller. Auch der klassische Sport beinhaltet „Risken“, wie Verletzungen, Doping oder Wettbetrug.

Soziale Folgen, wonach exzessiver Internetgebrauch zu „dramatischen psychosozialen Konsequenzen (Schulabbruch, Studienversagen, Arbeitslosigkeit, Verwahrlosung eigener Kinder)“ führen könne, kann man nicht allein dem E-Sport umhängen. Beim Verweis auf ethische Werte im Zusammenhang mit „Killerspielen“ bleiben für den E-Sport vorteilhafte Studien zu Auswirkungen auf das Aggressionspotenzial von Gamern unerwähnt.

Im Gutachten werden auch die Synergien zwischen E-Sport und klassischem Sport verneint. Vor allem die deutschen Bundesligavereine, wie Red Bull Leipzig oder Schalke 04, beweisen mit ihrem E-Sport-Engagement das Gegenteil. Schalke 04 hat klare Kritik am Rechtsgutachten geübt und seine Sicht bestätigt, wonach E-Sport Kultur und Sport sei.

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