Was Viagra vom Kornspitz unterscheidet

Mancher Hersteller vorgeblicher Potenzmittel will am Erfolg der Marke Viagra teilhaben.
Mancher Hersteller vorgeblicher Potenzmittel will am Erfolg der Marke Viagra teilhaben.(c) REUTERS (Simon Dawson)
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Wenn Konsumenten ein bestimmtes Produkt als Inbegriff für eine ganze Produktkategorie verstehen, kann das für den Inhaber der erfolgreichen Marke zum Verhängnis werden.

Wien. In einer kürzlich ergangenen Entscheidung hat das Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum im spanischen Alicante (zuständig für die Eintragung und Löschung von Unionsmarken mit EU-weiter Gültigkeit) entschieden, dass die Marke Viagra für die Waren „Pharmazeutische Präparate und Substanzen zur Behandlung männlicher erektiler Dysfunktion“ nicht gelöscht werden muss.

Dieses Ergebnis mag zunächst nicht überraschen, ist doch Viagra eine registrierte und wohl weltberühmte Marke für ein bestimmtes Medikament des Herstellers Pfizer. Sie ist wohl geradezu ein Paradebeispiel für eine erfolgreiche und funktionierende Marke. Der Begriff Viagra ist eine Fantasiebezeichnung mit starker Unterscheidungskraft, sie hat keinen offensichtlichen Bezug zu den damit bezeichneten Produkten (ist also auch nicht irgendwie beschreibend für Pharmazeutika). Sie ist weltweit bekannt und sollte dadurch einen außerordentlich weiten Schutzbereich genießen.

Genau in letzterem Punkt – der besonderen Bekanntheit einer Marke – liegt aber die Tücke. Achten insbesondere Inhaber von Marken für besonders erfolgreiche Pionierprodukte nämlich nicht darauf, dass ihre bekannte Marke einzigartig bleibt, besteht das Risiko, dass diese sich zum Synonym für eine Produktkategorie entwickeln. In diesem Fall können solche Marken ihren Markenschutz wieder verlieren. Es ist der Traum vieler Marketingspezialisten und Brandmanager, wenn die von ihnen gehegte, gepflegte und beworbene Marke derart bekannt wird, dass sie am Ende sogar zum Inbegriff für eine gesamte Produktkategorie wird.

„Freizeichen“ wider Willen

Das Ziel, dass Konsumenten nur noch diese eine Marke vor Augen haben, wenn sie an die Produktkategorie denken, kann der Marke am Ende aber sogar zum Verhängnis werden. Markenregistrierungen sind nämlich für verfallen zu erklären und damit zu löschen, wenn sie nach dem Zeitpunkt ihrer Eintragung infolge des Verhaltens oder der Untätigkeit ihres Inhabers im geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Bezeichnung einer Ware oder Dienstleistung, für die sie eingetragen sind, geworden sind. Die Marke kann daher die ihr zugedachte Funktion, nämlich Produkte eines bestimmten Herstellers von jenen anderer Hersteller zu unterscheiden, nicht mehr wahrnehmen und ist zum „Freizeichen“ geworden.

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